17. Oktober 2007, Dänemark

Kopenhagen eröffnet neue Metrolinie zum Flughafen Kastrup

Ein weiterer Abschnitt der Kopenhagener Metro hat jetzt seinen Betrieb aufgenommen. Er erstreckt sich vom Internationalen Flughafen Kastrup bis in den Osten der gleich vor der Innenstadt von Kopenhagen gelegenen Insel Amager und schließt dort an die bestehende Verbindung ins Zentrum der dänischen Hauptstadt an. Bis 2017 will Kopenhagen sein junges Metro-Netz zudem um einen Cityring erweitern.

Die erste Kopenhagener Metro-Verbindung nahm am 19. Oktober 2002 ihren Dienst auf. Beim umgerechnet rund zwei Milliarden Euro teuren Projekt kamen hypermoderne, fahrerlose Züge zum Einsatz. Nach seiner endgültigen Fertigstellung soll das komplette Metro-Netz insgesamt 36 Kilometer Strecke, davon 26 Kilometer unterirdisch in Tunneln, mit 39 Bahnhöfen – davon 26 unterirdisch und 13 oberirdisch – umfassen. Der geplante Cityring verbindet das Zentrum von Kopenhagen mit den Stadtvierteln Østerbro, Nørrebro, Frederiksberg und Vesterbro und umfasst insgesamt 17 unterirdische Stationen.

Im Endausbau kann die Metro auf dem Cityring bis zu 275.000 Fahrgäste täglich transportieren. Der Cityring wird komplett in das bestehende öffentliche Nahverkehrssystem von Kopenhagen integriert. Die Züge sollen im Abstand von wenigen Minuten und mit kurzen Fahrzeiten fahren. So wird beispielsweise die Fahrt vom Bahnhof Marmorkirche unweit des Königsschlosses Amalienborg zur citynahen Nørrebro Station – unter der Innenstadt hindurch – nur neun Minuten dauern. Mit „klassischen“ Nahverkehrsmitteln sind Fahrgäste auf derselben Strecke etwa 25 Minuten unterwegs.
Zurzeit verkehren Metro-Züge zwischen den Stationen Nørreport in der Innenstadt und Lergravsparken im Osten der Insel Amager sowie Ørestad, dem neuen, großen Stadtteil von Kopenhagen mitten auf Amager. Hier hat auch Skandinaviens größtes Messe- und Kongresscenter, das Bella Center, seinen eigenen Metro-Bahnhof. Seit Mai 2003 wurden die neuen Westlinien der Metro von Nørreport nach Frederiksberg eingeweiht. Und heute fährt die Metro darüber hinaus nach Vanløse im Westen der dänischen Metropole. Damit sind zum ersten Mal in der Geschichte Kopenhagens große Teile im Osten und Westen der Hauptstadt mit der Innenstadt verbunden.

Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 80 und einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 40 Kilometern in der Stunde ist die Metro die schnellste Art, in Kopenhagen voranzukommen – die Metro ist damit beispielsweise etwa dreimal schneller als ein Bus. Zurzeit sind auf den Strecken 29 Zugpaare im Einsatz. Die Wartezeit beträgt in den Stoßzeiten gerade einmal zwei Minuten. Und auch sonst sind es nur drei Minuten, die Passagiere maximal warten müssen. Die Züge fahren am Wochenende rund um die Uhr – nach der kompletten Inbetriebnahme des ganzen Streckennetzes soll dies auch an Werktagen so sein. Ab 2007 sollen schon 34 Metro-Züge gleichzeitig im Einsatz sein. Um das Mitfahren so einfach und bequem wie möglich zu machen, können Fahrgäste die Metro mit den auch für die übrigen Busse und S-Bahnen gültigen Tickets benutzen.

Sicherheit hat bei der Entwicklung der Metro eine herausragende Rolle gespielt. Auch wenn die Züge vollautomatisch und fahrerlos unterwegs sind, werden alle Abfahrten von sogenannten Metro Stewards begleitet, um für die Sicherheit der Fahrgäste zu sorgen, mit Rat und Hilfe zur Seite zu stehen sowie Fahrkarten zu kontrollieren. Für zusätzliche Sicherheit der Metro sorgt der Fakt, dass kein Ausgang oder Notausgang weiter als 300 Meter entfernt liegt. Alle Tunnel besitzen einen Bürgersteig für den Fall, dass eine Evakuierung notwendig sein sollte.

Jeder Zug besteht aus drei Waggons mit von 39 Metern Länge und 2,56 Breite. Befördert werden können bei 96 Sitz- und 204 Stehplätzen maximal 300 Passagiere. Die eleganten wie funktionalen Metro-Züge stammen aus der Feder der italienischen Designer von Guigaro Design, die unter anderem schon Klassiker wie Canon-Kameras oder den Ur-VW Golf entworfen haben. Finanziert wurde der Bau der Metro durch Kredite, die über einen Zeitraum von 45 Jahren abgetragen werden sollen, sowie den Verkauf von Grundstücken in der Ørestad und durch Zuschüsse der Gemeinden Frederiksberg und Kopenhagen.

Kopenhagens gläserne Metro-Stationen
Wie immer, wenn Architektur als gelungen erlebt wird, ist sie einfach und einleuchtend. So auch in den neuen unterirdischen Metrostationen Kopenhagens. Vom ersten Schritt in die Tiefe bis zum Ende der Reise auf einer anderen Straße haben Architektur und Licht Wegweiserfunktion. Die Stationen sind im Stadtbild leicht zu finden – aufgrund ihrer Oberlichter, der charakteristischen asymmetrischen Glaspyramiden, die zusammen mit dem gläsernen Aufzugsschacht fast als einzige Merkmale auf der Straßenebene zu sehen sind. Die Stationen liegen in einer Tiefe von 20 Metern, und so schufen die Architekten sehr hohe, einfache Räume mit durchdachten Details. Platz finden sowohl Bahnsteige wie auch Treppen, Absätze und Fahrscheinautomaten. Der kathedralenähnliche Eindruck der Räume intensiviert sich durch dramatische Lichtwirkungen.

Eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass sich Menschen sicher fühlen, ist Tageslicht. Die Architekten beschlossen daher bereits sehr früh, das Tageslicht bis hinunter auf die Bahnsteige zu führen. Tageslicht und künstliches Licht sollten mit gleicher Farbtemperatur gelenkt werden und einander ergänzen. So würde die Beleuchtung als geschlossenes Konzept erlebt, und Blendungsprobleme könnten vermieden werden.

Die Aufgabe gelang. Eine Fahrt in die Tiefe, hinab in eine Kopenhagener Metrostation, ist ein völlig anderes Erlebnis als in den Metros von London, Paris und New York. In Kopenhagen hat man nie das Gefühl – weder tagsüber noch nachts – in ein schwarzes Loch zu fahren. Bei Tage begleitet das Tageslicht die Passagiere bis an den Bahnsteig, und sie erleben nicht nur die Lichtmenge. Auch Intensität und Lichtfarbe, wechselndes Tageslicht, Nuancen bei wechselndem Wetter dringen bis in die Tiefe vor.

Einfach, aber genial: In den Oberlichtpyramiden sind eine Reihe von planen und parabolischen Alu-Reflektoren mit Mikrofacettierung im oberen, senkrechten Teil angebracht. Das Tageslicht wird von den Reflektoren reflektiert und noch stärker als ursprünglich abgestrahlt. Die Mikrofacetten auf dem senkrechten Teil „überzeugen“ das Licht davon, dass die Oberfläche krumm ist. Das Ergebnis: intensives Tageslicht auf den Bahnsteigen. Insgesamt wurden über zehn Reflektortypen entwickelt, alle mit besonderen lichttechnischen Eigenschaften, alle maßgeschneidert für die verschiedenen Stationen.

Mit Hilfe von unter den Oberlichtern angebrachten Prismen wird die Sonne außerdem nach unten „gedreht“ und hinterlässt regenbogenfarbene Lichtflecken, die sich im Laufe des Tages im Raum bewegen. Die Oberlichtpyramiden wurden aus 100 Prozent eisenfreiem Glas hergestellt. Weder das Tageslicht, das nach unten dringt, noch der Ausblick von unten nach oben erscheinen grünstichig, wie es bei normalem Glas der Fall ist.

Abends ist die Beleuchtungsstärke entsprechend hoch; keine Spur von der traditionellen dänischen Schummerbeleuchtung. Die großen Stationen werden hauptsächlich von zwei riesigen Zwei-Kilowatt-Strahlern beleuchtet, die das Licht 15 Meter nach oben werfen; dort trifft es auf vier Mal fünf Meter große Reflektorelemente aus kleinen, gebogenen Facetten, die das Licht mit mathematischer Präzision genau dorthin schicken, wo es benötigt wird. Alle übrigen Leuchten wurden soweit möglich in Decken und Wände eingelassen. Das Leuchtmittel aller Leuchten: Mastercolour, mit einer Farbtemperatur von 4200 K, fast dem Tageslicht entsprechend.

In Dänemark werden traditionell waagerechte Oberflächen mit sehr viel Licht angestrahlt. Nicht so in der Kopenhagener Metro. Hier wurden alle Wände beleuchtet, weil vertikale Flächen im Vergleich zu horizontalen, eine weit größere Bedeutung für die Raumauffassung haben. Bewusst war auch die Wahl einer intensiven Beleuchtung überall dort, wo sich die Passagiere befinden, also am Eingang und in Verbindung mit den Treppen, Rolltreppen und Fahrscheinautomaten. In den Wartebereichen wurde die Intensität gedrosselt. Das Licht leitet die Passagiere ans Ziel, eine monotone, gleichförmige Beleuchtung konnte vermieden werden. Und nicht nur bei der Beleuchtung setzt die Kopenhagener Metro Maßstäbe. Das Designlabor des Italieners Giorgio Guigaro, der den allerersten VW Golf und den neuen Bugatti entwarf, steht für die Gestaltung der führerlosen High-Tech-Züge der Kopenhagener Metro. Vorn und hinten kann aus der ersten Sitzreihe direkt auf die Strecke geschaut werden.



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