3. Februar 2008, Sylt

Biikebrennen auf Sylt

Am 21. Februar geht es heiß her auf Sylt. An diesem Tag feiern die Friesen das traditionelle Biikebrennen. Weithin leuchtet in der Abenddämmerung der Feuerschein großer Holzstapel. Mit Ausnahme des kleinen Dorfes Munkmarsch im Sylter-Osten hat jeder Ort auf Sylt sein eigenes Biikefeuer bzw. seinen eigenen Fackelzug dorthin. In die Fackelzüge reihen sich Jahr für Jahr etwa 5000 Teilnehmer ein. Knapp 11000 Menschen versammeln sich insgesamt rund um die Holzstapel und warten gespannt auf den Aufruf „Tjen di Biiki ön!“ (Zündet die Biike an). Nach Schätzungen der Tourismusorganisationen der Insel sind etwa 50 Prozent der Teilnehmer Sylter. Die andere Hälfte setzt sich mittlerweile aus Gästen zusammen, die größtenteils eigens für die Biike anreisen. „Wir freuen uns, dieses Brauchtum auch an unsere Gäste weitergeben zu können“, so Moritz Luft, Geschäftsführer der Sylt Marketing GmbH.

Die Biiken (Sylter Friesisch: „Feuerzeichen“) sind eine uralte Tradition und ein Stück lebendiges Brauchtum, dessen Bedeutung sich im Laufe der Jahrhunderte mehrmals gewandelt hat. Die Ursprünge des Feuerrituals liegen in grauer Vorzeit. Als heidnische Opfergabe sollten die zehrenden Flammen die Götter gnädig stimmen und symbolisierten zugleich den Glauben an die Naturkräfte. Vor allem Wodan, der Totengott, wurde sehr verehrt. Denn wenn man es sich mit ihm verdarb, dann ritt er mit seinen Hunden am Himmel durch die Nacht, peitschte Stürme übers Meer und brachte den Friesen das Verderben. In späterer Zeit standen die Biiken für die Vertreibung des Winters und dienten zeitweilig auch als Warnsignal – wenn etwa Piraten vor der Küste auftauchten, so sprach sich das wie ein Lauffeuer herum. Als sich im 17. und 18. Jahrhundert zahlreiche Bewohner der Inseln Sylt, Föhr und Amrum als Seefahrer verdingten, wurden sie von den Daheimgebliebenen mit den Feuern verabschiedet. Manche Seefahrer nutzten die Biiken auch als Treffpunkt, um sich an einem der nächsten Tage für die gemeinsame Abreise nach Hamburg oder Holland zu verabreden, wo sie auf Walfangschiffen anheuerten. Es war jene Zeit, als die Jagd auf den Pottwal im Eismeer vor Spitzbergen den Wohlstand nach Nordfriesland brachte. Im 19. Jahrhundert wandelte sich die Bedeutung der Biiken abermals: Nun standen sie für die Zusammengehörigkeit und die Heimatliebe der Friesen.

Auch heute noch stimmen die Sylter am 21. Februar eines jeden Jahres einmütig die Strophen des Liedes „Üüs Söl’ring Lön“ („Unser Sylter Land“) an. Und wenn die Ansprachen auf friesisch verstummt sind und die Biiken langsam verglimmen, sitzt man gemütlich zusammen: Kaum eine heimische Küche, kaum ein Restaurant, das an diesem Abend nicht das traditionelle Biike-Gericht auftischt: Deftiger Grünkohl mit reichlich Fleisch, Wurst und Bratkartoffeln.



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