14. März 2008, Dänemark, Reisereportagen

350-Jahre-Jubiläumsparade mit viel Musik

Das große Bärenfell-Spektakel – jeden Mittag marschiert die königliche Leibgarde durch die City von Kopenhagen

Sonntagmorgen. Einer der ersten warmen Tage im Park von Rosenborg, im Herzen Kopenhagens. Mit Blick auf das märchenhafte Schloss aus der Zeit Christian IV. schlendern einheimische Familien und Besucher aus aller Welt über den Rasen, viele haben Decken, Klappstühle und Picknickkörbe mitgebracht. Man genießt entspannt die königliche Umgebung, die Atmosphäre ist dänisch-gemütlich.

Hinter dem Schloss, an einer 200 Jahre alten Kaserne, macht sich die Leibgarde der Königin bereit zum Wachwechsel. Kurz nach halb zwölf, wie an jedem Tag, wird sie die Gothersgade entlang marschieren, um eine halbe Stunde später die Kollegen am Schloss Amalienborg abzulösen. Mit strengem Blick mustert ein Offizier die zwölf jungen Männer, die gleich im Fokus zahlreicher Kameras sein werden. Hier wird noch das Fell der Mützen nachgekämmt, dort ein Knopf gewienert, und der Nebenmann bürstet emsig auch das letzte Staubkorn von seiner Uniform.

Heute ist sie dunkelblau. Rotgekleidet, wie auf den Postkarten, zieht die Garde nur an wenigen Tagen im Jahr auf, an Neujahr zum Beispiel oder wenn Staatsbesuch in der Hauptstadt ist, und natürlich am 16. April, am Geburtstag von Königin Margrethe II. Dann kann der Trupp schon mal auf 72 junge Männer anwachsen, die dann auch von einer entsprechend größeren Kapelle mit klingendem Spiel begleitet werden. An diesem Sonntag aber ist die beliebte Monarchin, die schon 35 Jahre an der Spitze des Staates Dänemark steht, gar nicht in der Metropole. Deshalb wird nur die kleine Besetzung, ein Dutzend Männer und vorweg ein Sergeant, in Richtung Amalienborg ziehen.

Wenn Margrethe oder ein anderes Mitglied der dänischen Royals die königliche Flagge über ihrem Schloss wehen lassen und so dem Volk und allen Gästen signalisieren, dass sie anwesend sind, marschieren 36 Gardisten, zwei Offizieren und zwei Sergeanten, begleitet von einer großen Band, 37 Musikern insgesamt. Das gefällt nicht nur den japanischen und amerikanischen Hobby-Fotografen; an solchen Tagen sind auch viele Dänen, vor allem die aus der Provinz, schier aus dem Häuschen.

Major Jesper Gram Andersen, Chef des kleinen, feinen Gardemuseums in Rosenborg, legt allerdings Wert darauf, dass der Wachwechsel wie überhaupt das Garderegiment für Bürger und Regenten weit mehr als ein Schauspiel für Touristen bedeuten: „Die Leibgarde ist ein wichtiges Bindeglied zwischen Volk und Königshaus – und eine Elite-Einheit, die Dänemarks guten Ruf in alle Welt trägt.“

Was wenige wissen: Nur knapp 300 Angehörige der renommierten Truppe sind in der alten Kaserne von Rosenborg stationiert. Etwa viermal so viele, rund 1.200 Soldaten, werden in Nordseeland trainiert, auch für Auslandseinsätze. Sie haben Dänemarks Kontingente zum Beispiel im Kosovo und im Irak vertreten und einige von ihnen dienen derzeit in Afghanistan, traditionell aber immer nur bei so genannten friedenserhaltenden Maßnahmen.

Seit 1658 schützt diese sehr spezielle, im Volk hoch angesehene Truppe das gekrönte Oberhaupt des kleinen Königreichs, das auch schon mal größer war, wie die Leibgarde selbst. Die bestand noch vor ein paar Jahren aus sieben Bataillonen, etwa 10.000 Mann. Aber obwohl sich auch in Dänemark manche Lebensgewohnheiten und Ansichten verändert haben, streben nach wie vor junge, gut gewachsene Dänen in großer Zahl zur Leibgarde. Seit der Verkleinerung der Truppe sind Wartezeiten bis zu zwei Jahren üblich geworden.

Preben Pedersen aus Kolding, 21 Jahre alt, hat, wie er meint, „großes Glück gehabt“. Nach acht Monaten Grundwehrdienst im Hauptquartier nördlich von Kopenhagen, durfte er vier Monate lang die Königin bewachen. Stolz trägt der Jütländer, der mit 1,95 Meter das Mindestgardemaß gleich um zwanzig Zentimeter überragt, Margrethes Monogramm am Revers, und „im Herzen viele gute Erinnerungen.“

Vergessen sind die heißen Hundstage, an denen der „Björnen“, die anderthalb Kilo schwere Mütze, schon mal reichlich auf den schwitzenden Kopf gedrückt hat. Das Fell der dicken Mützen stammt, wie jenes der Kollegen vor dem Buckingham Palace in London, von kanadischen Bären. Ganz selten, wenn das Thermometer in der fröhlichen Hauptstadt gegen 35 und mehr Grad tendiert, darf der Gardist schon mal die Mütze absetzen. Die Dänen sind da etwas lockerer als die Briten; in Kopenhagen fällt jedenfalls so gut wie nie ein Gardist um.

350. Geburtstag der Leibgarde
Schon jetzt planen Oberst Lasse Harkjaer, Chef der Truppe, und sein Stab ein Event, dass der Höhepunkt im kommenden Kopenhagener Sommer zu werden verspricht. Vom 26. bis 30. Juni feiert die Hauptstadt mit langen Marschkolonnen, viel Musik, Glanz und Gloria und noch mehr Spaß den 350. Geburtstag der Leibgarde.

Auftakt wird der Große Zapfenstreich am Donnerstag Abend auf dem Exerzierplatz vor dem Rosenborger Schloss sein. Während der Besuch der Königin in der Kaserne oder der Festgottesdienst in der Garnisonskirche und auch das Galadinner mit der Königin im Tivoli nur für geladene Gäste zugänglich sein wird, werden am letzten Tag des Spektakels, am Montag, 30. Juni, die Kopenhagener und ihre Gäste die Straßen säumen: am Vormittag marschieren dann nämlich die Leibgarde in voller Stärke und allem Prunk durch die Stadt. Ihnen folgen sechs Marschgruppen von je tausend Mann, alles ehemalige Gardisten, mit wehenden Fahnen und klingendem Spiel. Der bunte Zug wird sich vom Tivoli über Rathausplatz, durch die weltberühmte Fußgängerzone Ströget bis zur Kaserne in der Rosenborggade bewegen.

Auch Museumsdirektor Jesper Gram Andersen, als Major längst pensioniert, aber mit dem Herzen immer noch bei der Truppe, freut sich auf das Großereignis. Er weiß aus erster Quelle, dass die Königin mindestens so stolz auf ihre Garde ist wie die Gardisten auf ihren Dienst am Tor vor dem Schloss: „Manchmal bringt sie ihnen ganz spontan einen heißen Kaffe oder eine Erfrischung vorbei“.

Empfehlung: Wer die Garde bei ihrem täglichen Marsch ab Rosenborg begleiten oder fotografieren will, sollte sich gegen 11.20 Uhr vor der Kaserne neben dem Schloss einfinden. Dort ist der touristische Rummel immer sehr viel geringer als auf dem großen Platz vor Amalienborg. (Visit Denmark)



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