6. April 2009, Reisereportagen

Sombor, das grüne „Florenz“ des Balkans

Sombor liegt im Nordwesten Serbiens im Bačka-Flachland, einem Ausläufer der ungarischen Tiefebene. Als Teil der Autonomen Provinz Vojvodina auf halbem Weg zwischen Belgrad und Budapest sind die Grenzen zu Ungarn und Kroatien schnell erreicht. Kein Wunder, dass man hier im Dreiländereck mehrsprachige Schilder findet. Mit 60.000 Einwohnern gehört die noch heute ungarisch geprägte Stadt zu den größeren Serbiens, die gesamte Gemeinde umfasst sogar 100.000 Einwohner. Erstmalig urkundlich erwähnt 1360, hat sich Sombor im Laufe der Jahrhunderte zu einem „grünen Fleck“ entwickelt – große Parkanlagen und Alleen prägen das Bild noch heute. Die auf Englisch verfügbare Website des Tourismusbüros unter www.somborvaros.org bietet interessierten Besuchern zahlreiche Informationen, während die offizielle Seite der Stadt unter www.so-sombor.com derzeit leider nur auf Serbisch und Ungarisch verfügbar ist.

Geht es um die Vojvodina, denken die meisten sofort an Novi Sad, die Hauptstadt der Autonomen Provinz, rund 80 Kilometer nördlich von Belgrad an der Donau gelegen. Doch die Vojvodina hat noch mehr Gesichter.

Auch Sombor bietet – nahe der Donau als Grenzfluss zu Kroatien liegend – viel Natur, Kultur und Sehenswürdigkeiten. Architektonisch beeindruckende Bauten, oftmals unverkennbar vom ungarischen Jugendstil beeinflusst, empfangen den heutigen Besucher ebenso wie diverse Kirchen verschiedenster Baustile und Religionen, dazu Klöster, Museen und Theater. Darüber hinaus locken vor allem in der Umgebung Sportaktivitäten wie Fischen oder auch Jagen, das hier im westlichen Teil der Vojvodina eine beliebte Freizeitaktivität ist.

Sombor trägt ihren Beinamen „Die grüne Stadt“ nicht von ungefähr – vier weitläufige Parkanlagen und beeindruckende 121 Kilometer Alleen prägen das Bild der Stadt maßgeblich. Über 18.000 Bäume sind dabei im Laufe der Jahre zusammengekommen – mit Ursprung in den 80er Jahren des 18. Jahrhunderts, als der damalige Senator und Richter Josip Markovič mit der Begrünung begann. Diese wurde bis heute fortgesetzt und ist nun das augenscheinlichste Markenzeichen Sombors. Eine idyllische und „natürliche“ Weise, die derart grüne Stadt zu erforschen, sind übrigens die Fiakergespanne, die seit 1885 in Sombor eingesetzt werden. Einstmals gab es zahlreiche von ihnen, nun fahren nur noch wenige, mit denen man das historische Stadtzentrum mit seinen Bauten und Parks ganz gemütlich erkunden und nebenbei auch einen Blick auf die Tamburizza-Spieler erhaschen, die mit ihren Zupfinstrumenten der Stadt das akustische Etwas verleihen. Denn neben der Natur ist die Kultur ein weiteres Markenzeichen Sombors.

Ganz unbescheiden ziehen die örtlichen Touristiker Vergleiche mit Florenz – wurde doch eine große Zahl an talentierten serbischen Künstlern hier geboren, so zum Beispiel Milan Konjovič (1898-1993), dessen Schaffen von der Kunstszene in sechs verschiedene Perioden eingeordnet werden: Frühphase, blaue, rote und graue Phase, farbige, assoziative und byzantinische Phase. Ihm ist in Sombor seit 1966 gleich eine ganze Galerie gewidmet, die ursprünglich mit 500 gespendeten Werken des Meisters gegründet wurde und heute über 1.000 Exponate wie Öl- und Pastellbilder, Aquarellen sowie Zeichnungen ausstellt. Auch in anderen Galerien der Stadt wie der „Art Gallery“ oder dem „Stanišić Vitreaux Art Studio“ sind Werke verschiedener Künstler zu besichtigen. Hier geboren wurden zudem die Literaten und Dichter Lazar Kostić und Veljko Petrović, letzterer setzte seiner Heimatstadt in der Novelle „Ravangard („Stadt in der Ebene“) ein schriftstellerisches Denkmal.

Weitere sehenswerte Bauten in Sombor sind die katholische Stephanskirche sowie die serbisch-orthodoxe Sankt-Georgskirche (letztere mit einer beeindruckenden Ikonostase aus dem Jahr 1873), das Theater aus dem Jahr 1879 sowie das ehemalige Franziskanerkloster mit dem sogenannten „Platz in den Ketten“. So benannt, da der einstige Klostergarten nun eine mit kleinen Marmorpfählen und Ketten eingesäumten Freifläche ist, auf der heute süßer und scharfer ungarischer Paprika, Obst und Gemüse angeboten wird. Alle Sehenswürdigkeiten liegen im unmittelbaren Stadtzentrum und sind so bequem zu Fuß zu erreichen.

Nicht verpassen sollten Besucher auch die Gespanschaft in Sombor. Im Jahre 1808 erbaut, beherbergt sie heute den Sitz der Gemeindeverwaltung Sombors. Beeindruckend: In der Großen Halle befindet sich ein vier mal sieben Meter großes Ölgemälde von Ferencz Eisenhut, das den „Kampf bei Senta“ zeigt, eine Schlacht zwischen Österreich und den Türken im Jahr 1697, in der 500 Kämpfer aus Sombor auf österreichischer Seite teilnahmen.

Als ein wahres Eldorado für Angler stellt sich Sombor und seine Umgebung dar. Die Gewässer in dieser Region gelten als außerordentlich fischreich – vorweg die Donau, aber auch der Große Bačka Kanal, der Bajski Kanal oder der Čonoplija-See, die allesamt in einem Umkreis von etwa 20 Kilometern um die Stadt liegen und so für Angler leicht zu erreichen sind. Boots- und Ausrüstungsverleihe gibt es entlang der Wasserwege zahlreich, so dass Anfänger wie Fortgeschrittene hier einfach loslegen können. Im Sommer kündigt sich für Angler und generell für Freunde eines guten Fischessens ein ganz besonderer Höhepunkt an: Beim „Sombor Couldron“ Fish Soup Preparing Contest am 18. Juli 2009 in Sombor dreht sich alles um die Fischsuppe, die nicht nur in der Vojvodina Tradition hat. Eine gute Möglichkeit also, den frischen Fang gleich professionell in hunderten von Kesseln vor sich hin köcheln zu sehen, wobei jeder Koch natürlich das einzig wahre und beste Rezept hat.

Zum ersten Mal urkundlich erwähnt wurde Sombor übrigens im Jahr 1360, damals noch zum ungarischen Reich gehörend unter dem Namen Czoborszentmihály. Die slawische Variante des Namens, Sombor, taucht erstmals 1543 auf. Nach osmanischen, habsburgischen und schließlich wieder ungarischen Perioden wurde die Voj-vodina – und damit auch Sombor – nach dem Ersten Weltkrieg von den Ungarn an das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (das spätere Jugoslawien) abgetreten.
Kurzweilige Ausflüge in Umgebung wie Geschichte Sombore versprechen darüber hinaus das private Puppen- und Trachtenmuseum der Familie Kovač im 15 Kilome-ter entfernten Bački Monoštor sowie das Tabakmuseum in Telečka, das die dortige 150jährige „Raucher“-Tradition anhand von rund 100 Ausstellungsstücken darstellt. (NTOS)



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