17. April 2009, Tirol

Südtirol: Lounge-Atmosphäre im Falatschhof

Der erste Morgen nach einer späten Ankunft am Reiseziel ist immer spannend. Auch auf dem „Falatschhof“. Nur braucht man hier für den Blick aus dem Fenster gar nicht aufzustehen. Ein Klick auf den Schalter für die Jalousien – und Südtirol ist einfach da, gleichsam mitten im Raum. Eine einzige Glasfront vermittelt grenzenlos freie Sicht bis hoch zum Gipfel des Ortlers. Der Berg am Bett! Gäbe es nicht viel zu entdecken im Vinschgau, dann könnte dieser Morgen auf dem „Falatschhof“ ewig dauern.

Design zwischen Apfelbäumen – Der „Falatschhof“
Normalerweise muss solcher Luxus teuer erkauft werden. Die Grenzen fließen in dieser Architektur der einfachen Linien. „Die Einbeziehung der Bergwelt war sicher kein Zufall“, sagt Bäuerin Doris Baier. Das alte Hofgebäude war baufällig, erklärt sie. Der Architekt kam, sah sich um – sehr lange. Dann zeichnete er das Ferienhaus mit den vier Wohnungen. „Zuerst haben wir aber verdutzt geschaut“, gibt Doris zu, „doch dann haben wir uns gesagt, warum eigentlich nicht?“ Neue Wege gehen und trotzdem bei den Wurzeln bleiben, auf dem „Falatschhof“ ist dieser Südtiroler Trend gar wörtlich zu verstehen: Unter dem Rasen befindet sich der eigentliche Bauernhof mit den Geräten.

Familiär, klein und authentisch, so sind die Höfe beim „Roten Hahn“, auch wenn die Formensprache mal ganz modern sein kann. Die Marke „Roter Hahn“ steht für das touristische Angebot am Bauernhof, in Form von „Urlaub auf dem Bauerhof“, „Bäuerliche Schankbetriebe“ – ein Wegweiser zu den besten Hofküchen – und „Qualitätsprodukte vom Bauern“ – natürliche Bauernprodukte. Qualitäts-Kriterien bieten dabei Sicherheit. Gütesiegel für Erlebbarkeit und Komfort sind ein bis vier Blumen, die jeder Urlaub auf dem Bauernhof-Betrieb „verliehen“ bekommt und auf die die Gäste sich verlassen können. Ob vornehmes Weingut an der Etsch, zwischen Bergblumen und Kühen in den Dolomiten oder mit Lounge-Atmosphäre: Unterschiedlicher könnten die Mitgliedsbetriebe nicht sein, was sich schon einige Kilometer die Etsch abwärts zeigt.

Am Zauberberg – Der „Hof am Schloss“
Wenn Großstadt-Knirpse sich einen Ferienbauernhof erträumen könnten, er würde wahrscheinlich so aussehen wie der „Hof am Schloss“ von Manuela und Florian Wallnöfer. Vier Blumen schmücken die Hofwand, die höchste Auszeichnung beim „Roten Hahn“. Mit einer großen Wiese voller Obstbäume am Fuß eines alten Schloss-Bergs, mit so vielen Tieren, dass man sie sich kaum merken kann und mit so vielen Spiel-Ideen, für die zwei Wochen Ferien niemals ausreichen. Gerade kommt Ferienkind Moritz und will wissen, wo es diese coolen Reisig-Besen in Kindergröße gibt. „Die macht der Opa in der Scheune und wenn du willst, macht er dir auch einen“, erklärt Manuela mit einer Gelassenheit, als sei das die erste und nicht mindestens zehnte Frage an diesem Tag. Nur nebenbei sei bemerkt, dass die Wallnöfers selbst vier Kinder haben. Durch ein ganzes Knäuel gackernder Hühner gehen wir vom Stall zum Bauernhaus.

Sportlehrer und Designerin würde man tippen, begegnete man den Wallnöfers in München. So falsch ist der Vergleich nicht. „Als Bauer auf einem Ferienhof für Familien muss man kreativ sein und eine Menge Kondition haben“ sagt Florian. Der Hofalltag erledigt sich nicht von selbst. Milch, Eier, Käse, Speck, Wurst, Honig, all das wird am Hof hergestellt und steht den Gästen zur Verfügung. Und die Feriengäste sind mittendrin und wollen Abwechslung. Ponyreiten und Ausflüge mit dem Bauern dürfen da nicht fehlen. Und vor einigen Nächten waren sogar einige Gäste bei einer Kälbchen-Geburt dabei. Kein Wunder, dass so viel Bauernhoferlebnis dem „Roten Hahn“ vier Blumen wert ist. Und wie um zu beweisen, dass sie noch mehr Power haben, zeigen sie uns den nagelneuen Hofladen. Honig, Kaminwurzen, Speck, Marillen-Marmelade, Schlehdorn-Gelee… Am liebsten würden wir alles probieren.

Essen mit Aussicht – Hochgenuss beim „Niedermoar“
Wie viele Kehren sich die kleine Straße von Kastelbell aus schon himmelwärts windet, wir haben längst aufgehört zu zählen. Die Apfelgärten im Vinschgau liegen bereits unsichtbar unter uns, die Abendkühle hat einen lichten Schleier darauf gelegt. Der Sonnenuntergang hat die Berge feuerrot gefärbt, als endlich der Hofschank am „Niedermoarhof“ in Sicht kommt. Die große Keramik-Kachel mit dem Gockel darauf weist das Haus als Mitglieds-Betrieb beim „Roten Hahn“ aus. Eine Bauernhof gewordene Aussichtsloge zwischen Himmel und Bergen, so schön und still. Die Lebensqualität wird dabei allen Hofbewohnern zuteil. Zufrieden grunzen die Schweinchen, denn im Außengehege dürfen sie nach Herzenslust Dreckschwein sein. Der Kuhstall steht zur Weide hin offen, die Kühe beim „Niedermoar“ haben die freie Wahl. Artgerechte Tierhaltung beim „Niedermoar“ ist gelebte Tradition. „Wir kennen das hier gar nicht anders.“

Wie so ein Landleben schmeckt, erleben wir in der alten Bauernstube. Die hausgemachten Krapfen mit Apfel- oder Walnussfüllung sind ein Gedicht. Köstlich auch die Säfte: Johannisbeer, Holunder, Pflaume, Himbeer, alles am Hof gepflückt und verarbeitet. Und das Fleisch: Ich muss gestehen, obwohl ich seit Jahren Vegetarier bin, kann ich nicht widerstehen, bei der Speckknödelsuppe zu probieren, an den würzigen Kaminwurzen – geräucherte Salami – zu knabbern, das getrocknete Rindfleisch zu kosten. Da könnte man glatt in Versuchung kommen… Ernst Kaserer lacht und ist doch ganz bei mir: „Ich würde auch kein Fleisch essen, wenn ich nicht wüsste, woher es stammt.“

Zurück in die Zukunft mit Käsegeschmack – Der „Rieglhof“
Der Empfang im Langtauferertal ist überwältigend: hohe Berge, bunte Wiesen, Bilderbuch-Dörfer! Und mittendrin in der Blütenpracht, die wie ein großer Garten wirkt, liegt seit einigen Jahren ein Pilgerziel für Leute mit gutem Geschmack und großer Lust auf Käse und Joghurt. Der Herr der Kessel im „Rieglhof“ ist gerade mal 19 Jahre alt. Ganz gerührt und fast schon in Trance verfolgen wir Tobias Patscheiders leidenschaftliches Rühren im Edelstahlkessel. Seit sechs Jahren hilft er schon mit im kleinen Familienbetrieb. Zur Zeit besucht er die Molkereifachschule bei Wörgl im Inntal, dazwischen investiert er sein Wissen und die schon große Erfahrung in würzigen Hartkäse, aromatischen Rotschimmelkäse und auch einmalig köstlichen Fruchtjoghurt, natürlich streng kontrolliert vom „Roten Hahn“.

Mittlerweile könnte er wohl jede Frage zum Thema Käse beantworten. Die Frage der Fragen richtet er aber an uns: „Wie kommen denn nun die Löcher in den Käse?“ Dann hält er uns ein Foto hin, das Vater Edmund mit einer Bohrmaschine vor einem massiven Käseleib zeigt. Der Gag bei jedem kleinen Käselehrgang, den die Familie für Hofbesucher anbietet. „Natürlich sind die Käsekulturen, die mit ihren Gasen für die Löcher sorgen.“ Am Nachmittag stapfen wir dem Anfang der Produktionskette entgegen, besuchen die sechs Hofkühe im verträumten Ochsenbergtal. Bimmelnd kommen sie uns schon aus allen Richtungen entgegengelaufen, denn bald ist Melkzeit auf der Alm. Irgendwie erscheinen rund um den „Rieglhof“ alle Beteiligten mit Begeisterung dabei zu sein. (hermann-meier)



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