4. Mai 2009, Reisebranche

Klimaschutzgesetz für Deutschland gefordert

Der WWF hat heute in Berlin ein deutsches Klimaschutzgesetz gefordert, das die Verringerung des Treibhausgasausstoßes verbindlich festschreibt und Sanktionen bei Verstößen vorsieht. Die Umweltorganisation legte ein juristisches Gutachten vor, wonach ein solches Gesetz rechtlich machbar, praktikabel und konform mit EU-Recht wäre. „Im Moment ist die deutsche Klimapolitik im Hinblick auf die Klimaziele zu unverbindlich und springt zu kurz“, so WWF-Geschäftsführer Eberhard Brandes. „Ein Reduktionsziel bis 2050 fehlt. Das erste Etappenziel, den Ausstoß an Treibhausgasen bis 2020 um mindestens 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken, ist nicht verbindlich. Es könnte nach der Bundestagswahl von einer neuen Regierung ohne Abstimmung im Bundestag gekippt werden. Bei einem Klimaschutzgesetz wäre das nicht so einfach der Fall“, sagt Brandes.

Erstellt hat das Gutachten das Berliner Ecologic-Institut. „In Großbritannien gibt es seit November 2008 mit dem Climate Change Act bereits ein europäisches Vorbild“, sagt Nils Meyer-Ohlendorf, Rechtsexperte von Ecologic. „Ein deutsches Klimaschutzgesetz ist politisch sinnvoll, weil es eine Rechtssicherheit schaffen würde, die wir bislang nicht haben.“ Grundsätzlich bestünden im deutschen Recht auch andere Möglichkeiten, den Klimaschutz zu regeln. „Ein Gesetz ist jedoch gegenüber den naheliegenden Alternativen wie einem umfassenden Klimaschutzgesetzbuch oder der Aufnahme ins Grundgesetz juristisch und politisch sinnvoller. Es ist deutlich einfacher und schneller auf den Weg zu bringen, und es ermöglicht die Festsetzung von verbindlichen Emissionsminderungszielen“, erläutert WWF-Chef Brandes.

Das WWF-Klimaschutzgesetz sieht verbindliche mittel- und langfristige Klimaschutzziele sowie feste Zwischenziele vor. Über die Fortschritte müsste die Bundesregierung dem Bundestag Rechenschaft ablegen. Überdies empfiehlt das Gutachten die Einrichtung einer unabhängigen Klimaschutzkommission. „Diese Klima-Weisen würden die Regierung beraten und gleichzeitig die Öffentlichkeit auf dem Laufenden halten, wo Deutschland im Klimaschutz steht“, sagt Brandes. Sanktionen würden den Druck darüber hinaus erhöhen.

Aus Sicht des WWF braucht die deutsche Klimapolitik spätestens ab der kommenden Legislaturperiode Verbindlichkeit, Transparenz und Langfristigkeit – nicht zuletzt mit Rücksicht auf die Wirtschaft, die Planungssicherheit für klimafreundliche Investitionen benötige. „Unser Gesetzesvorschlag könnte schon im Herbst in die Koalitionsvereinbarungen einfließen“, sagt Brandes. Nicht zu unterschätzen sei auch die internationale Signalwirkung. „Ein Klimaschutzgesetz mit einer weitgehenden Selbstverpflichtung Deutschlands zu Emissionsminderungen hätte international Vorbildfunktion und würde helfen, im Dezember in Kopenhagen ein anspruchsvolles Klimaschutzabkommen zu erreichen.“

Die wichtigsten Elemente des WWF-Klimaschutzgesetzes im Überblick:
Mittel- und langfristige Emissionsminderungsziele: Das selbstgesetzte Ziel einer Minderung der deutschen Treibhausgasemissionen um 40% gegenüber 1990 bis 2020 bleibt ohne die Aufnahme in ein Gesetz bloße politische Absichtserklärung. Für die Zeit bis 2050 gibt es derzeit überhaupt kein Ziel. In einem Klimaschutzgesetz festgelegte Ziele schaffen hier Verbindlichkeit und Rechtssicherheit.

Zwischenziele:
a) Europäischer Emissionshandel: Bis 2020 soll der Emissionshandel in den erfassten Bereichen eine Minderung der EU-Emissionen um 21% gegenüber 2005 erbringen. Über die einheitliche europäische Obergrenze für den Emissionshandel hinaus, die ab 2013 gilt, könnte Deutschland zusätzlich nationale Orientierungswerte festlegen.
b) In den Sektoren, die vom Emissionshandel nicht erfasst werden (Verkehr, Haushalte, Gewerbe, Dienstleistungen und Landwirtschaft), gelten künftig für alle EU-Mitgliedsstaaten verbindliche Minderungspflichten (sog. Effort-Sharing). Die Mitgliedstaaten haben entsprechend ihrer Wirtschaftskraft unterschiedliche Minderungsziele; das deutsche Ziel beträgt bis 2020 14% weniger gegenüber 2005. Um ihre Zielvorgaben einzuhalten, müssen die Mitgliedstaaten zwischen 2013 und 2020 jährliche Zwischenziele erreichen. Dies müsste ein deutsches Klimaschutzgesetz berücksichtigen.

Sanktionsmechanismen: Um die Aussichten zu erhöhen, dass die Emissionsminderungsziele erreicht werden, sollte ein Klimaschutzgesetz Sanktionen für das Verfehlen von Zwischenzielen vorsehen. Europarechtlich vorgesehene Sanktionen müssten zwingend in ein deutsches Klimaschutzgesetz übernommen werden. Beispiel: Die Effort-Sharing-Entscheidung der EU sieht für den Fall, dass die Mitgliedstaaten die jährlichen Ziele nicht erreichen, Sanktionen in Form verschärfter Minderungspflichten für das Folgejahr vor sowie die Einschränkung, bestimmte flexible Mechanismen zur Erreichung der Ziele zu nutzen. Abgesehen davon ist der bundesdeutsche Gesetzgeber rechtlich frei, welche Sanktionsmechanismen er in ein Klimaschutzgesetz aufnimmt. Wirkungsvoller als selbst gesetzte finanzielle Sanktionen für den Bund wären schnellere finanzielle Sanktionen auf europäischer Ebene, wenn ein Mitgliedstaat seine Klimaschutzvorgaben verfehlt.

Berichtspflichten: Ein Klimaschutzgesetz sollte regelmäßige Berichtspflichten der Regierung gegenüber dem Bundestag und die Einrichtung einer unabhängigen Klimaschutzkommission ähnlich dem britischen Committee on Climate Change vorsehen. Die Aufgaben der Klimaschutzkommission bestünden in der Beratung der Regierung über Klimaschutzziele, die über die EU-Vorgaben hinausgehen, Maßnahmen zu ihrer Erreichung und gegebenenfalls über die Folgen des Klimawandels sowie in Jahresberichten an das Parlament über Fortschritte und zukünftige Maßnahmen. (WWF)



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