2. Oktober 2009, Valencia

Wassergericht von Valencia zum Weltkulturerbe erklärt

Am 30. September wurde das Wassergericht in Valencia von der UNESCO offiziell zum „Immateriellen Weltkulturerbe“ erklärt. Seit über 1000 Jahren tagen jeden Donnerstag pünktlich um 12:00 Uhr acht schwarz-gekleidete Richter (Síndicos) vor den Toren der Kathedrale in Valencia. Das so genannte „Tribunal de las Aguas“ entscheidet über Recht und Unrecht bei Unstimmigkeiten unter Grundbesitzern, die sich bei der Bewässerung ihrer Felder ergeben. Die mündlich auf Valenzianisch gefassten Entscheidungen sind unanfechtbar. Insgesamt verfügt das Land Valencia nun über fünf UNESCO Weltkulturerbe.

Die Bewässerungssituation in Spanien ist schwierig – auch die Region Valencia verfügt über viele fruchtbare Flächen, aber über zu wenig Wasser. Jede Gemeinde besitzt ein Netz von Kanälen mit Wasser des Flusses Turia, die zu den Äckern führen. Die Bewässerung erfolgt abwechselnd, denn ein Arm des Kanals sorgt oft für die Wasserversorgung zahlreicher Felder mit verschiedenen Besitzern.

Eine Stunde lang dürfen die Bauern abwechselnd ihr Land bewässern, dann kommt der Nächste an die Reihe. Sollten sich bei dieser Regelung Streitigkeiten ergeben, die nicht gelöst werden können, wird dies zu einem Fall für die acht Richter des Tribunals. Ohne Rechtsanwälte wird innerhalb wenigen Minuten ein Urteil gefällt, das als unanfechtbar gilt.

Die Tradition geht weit zurück bis ins Mittelalter, die erste geschichtliche Erwähnung findet man 960 n. Chr. Damals brachten die Araber ihr Wissen über eine ertragreiche landwirtschaftliche Nutzung nach Spanien. Ihre ausgeklügelten Bewässerungs- und Anbaumethoden prägen bis heute das Landschaftsbild. Bereits zu jener Zeit wurde fahrlässiger Umgang mit Wasser (z.B. dessen Verschwendung) hart bestraft. Der Brauch des Wassergerichts hat sich bis in die heutige Zeit erhalten, inklusive des Veranstaltungstages. Dieser erklärt sich durch die Tatsache, dass der maurische Samstag auf den christlichen Donnerstag fällt. Auch der Ort, an dem das Gericht tagt, geht auf maurischen Ursprung zurück, denn die Kathedrale wurde im 13. Jahrhundert auf den Resten einer Moschee errichtet. Als diese in ein christliches Gotteshaus umgewandelt wurde, hatten „Ungetaufte“ keinen Zugang mehr zur Kathedrale und man beschloss, die Verhandlungen unter freiem Himmel abzuhalten.

Mittlerweile ist das wöchentliche Spektakel, das bei Nichtvorhandensein von Streitfällen nur wenige Minuten dauert, ebenfalls zu einer Touristenattraktion geworden, hat aber von seiner eigentlichen Funktion nichts verloren: Ganz im Gegenteil, denn als einziges Gericht dieser Art ist das Wassergericht in der spanischen Verfassung legitimiert.

Weitere UNESCO Weltkulturerbe im Land Valencia
Das neue Weltkulturerbe ist bereits das fünfte im Land Valencia – denn die Region im Osten Spaniens verfügt über noch vier weitere Auszeichnungen dieser Art:

Die Seidenbörse (Lonja) von Valencia
Die „Lonja“ erinnert an das Goldene Zeitalter der Stadt, als Valencia den Seehandel im westlichen Mittelmeer beherrschte. An Sonntagvormittagen tummeln sich hier heute Sammler zum Tausch von Briefmarken und Münzen. 1996 hat die UNESCO dieses Prunkstück ziviler gotischer Baukunst zum Weltkulturerbe erklärt.

Höhlenmalereien aus der Jungsteinzeit in den Provinzen Castellón und Alicante
Für Menschen in der ausgehenden Alt- und in der Jungsteinzeit war z. B. die Schlucht von La Valltorta ein ausgezeichnetes Jagdgebiet. An geschützten Stellen der Felswände findet man heute noch beeindruckende Malereien aus der levantinischen Kunst, die 1998 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt wurden.

Mysterienspiel und Palmenhain von Elche
Elche, drittgrößte Stadt im Land Valencia, liegt dreißig Kilometer landeinwärts von Alicante. Die Einwohner von Elche können sich rühmen, zwei von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärte Sehenswürdigkeiten zu besitzen: das Misteri d’Elx (seit 2001) sowie Europas größten Palmenwald (seit 2000). Der bekannteste Teil der rund 200.000 Palmen ist der Huerto del Cura (Garten des Priesters) mit der berühmten achtstämmigen „Kaiserpalme“.

„Das Wunder von Elche“ ist ein mittelalterliches Mysterienspiel in der Basilica Santa Maria. Den Einwohnern ist es gelungen, einen ihrer wertvollsten Schätze zu bewahren: ein lyrisch religiöses Drama aus dem 15. Jahrhundert, in dem die letzten Tage der Hl. Jungfrau Maria, ihr Tod, ihre Himmelfahrt und Krönung eindrucksvoll dargestellt werden. Es ist das einzige mittelalterliche Theaterstück, das bis heute aufgeführt wird. (Land Valencia)



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