Überraschungen aus Küche und Keller im Elsass
Politisch gehört das Elsass längst zur Grande Nation. Trotzdem hebt sich die ostfranzösische Region mit einigen Eigenheiten vom Rest des Landes ab. Und so präsentiert sich der Landstrich zwischen Rhein und Vogesen nicht französisch, aber auch nicht deutsch. Vor allem die kulinarischen Angebote locken sehr viele deutsche Touristen ins Elsass. Überraschungen aus Küche und Keller eingeschlossen.
Mit der Akribie einer Schönheitschirurgin bearbeitet Isabell Sipp den Wildlachs, der am Vortag noch putzmunter durchs Wasser schwamm. „Den gibt es gleich gedünstet als Hauptgericht“, sagt die 40-Jährige zu ihren Kochnovizen, die sich um den Herd im Cardamome Atelier culinaire in Colmar versammelt haben. Die typisch elsässische Küche sei nicht so ihr Ding, verrät die Autodidaktin, die bei Kochikone Alain Pessard in Paris ein Praktikum absolvierte. Wegen ihres Talents darf sie den Drei-Sterne-Koch als Assistentin auf seinen kulinari-schen Reisen um die Welt begleiten. „Die Leute, die in meine Kochschule kommen, bevorzugen klar die französische Küche.“
„Güet essa und trinka hebt Lieb und Seel z’samme“ sagt schon ein altes Sprichwort im Elsass. Tatsächlich gehört die regionale Küche eher zu den bodenständigen kulinarischen Erlebnissen. Zwischen Straßburg und Colmar gibt es unzählige Restaurants und urige „Winstubs“, auf deren Speisenkarten so deftige Gerichte wie „Choucroute“, „Backoeffe“ oder der unvermeidliche „Flammkuech“ steht. Das „Choucroute“ genannte Sauerkraut gibt es in allen erdenklichen Variationen und dient dem Elsässer als Nationalgericht. Wer nichts mit Kalorienzählerei am Hut hat, kann bedenkenlos „Backoeffe“ bestellen. Dabei handelt es sich um einen üppigen Eintopf mit drei Sorten Kochfleisch und Kartoffeln. Nicht jedermanns Sache. Als kulinarischer Exportschlager hat sich der „Flammkuech“ auch bei uns einen Namen gemacht. Ein dünner Fladenteig, der mit Crème fraîche, Zwiebeln und Speck belegt ist, gehört einfach dazu.
Wer es etwas exklusiver haben möchte, sollte einen Abstecher nach Rosheim machen. Dort kocht Patron Hubert Maetz in seinem Restaurant „Le Rosenmeer“ auf Sterneniveau. Weit über die Grenzen des kleinen Städtchens am Fuß des Bergs St. Odile an der Weinstraße ist Maetz für seine Spezialitäten aus Gänse- und Entenleber als erste Adresse bei Feinschmeckern bekannt. Die saisonalen Zutaten für seine kulinarischen Kreationen kauft der engagierte Koch in der Region und auf dem örtlichen Markt. Hubert Maetz versteht es meis-terlich, elsässische Gastfreundschaft und französische Haute cuisine unter eine Kochmütze zu bringen. Chapeau!
Kaum Anlass zur Kritik gibt es bei den Weinen des Elsass. Allerdings sollte man sich die richtigen aussuchen. An der 170 Kilometer langen elsässischen Weinstraße „Route des Vins D’Alsace“ liegt Pfaffenheim. Dort baut Bio-Winzer Pierre Frick auf zwölf Hektar Fläche nach den gestrengen Demeter-Vorgaben seine Weine an. „Wein ist vergorener Traubensaft“, sagt Pierre Frick. „Nicht mehr und nicht weniger.“ Deshalb baut er seit 1999 nur noch authentischen Wein ohne jeglichen Zuckerzusatz in seinem Weinkeller aus. Und bei rund einem Fünftel der Weinproduktion verzichtet er sogar gänzlich aufs Schwefeln. Das weiß auch Yoshi Aki Sato. Der in Neuseeland lebende Japaner lässt sich gerade in die Hohe Schule der elsässischen Weinbaukultur einweihen. „In Tokio ist Pierre Frick ein echter Star. Seine Weine erzielen dort höchste Ehren und entsprechende Preise“, lobt der 38-Jährige seinen Lehrherrn.
Wein spielt auch in der Kochschule und im Leben von Isabelle Sipp eine wichtige Rolle. „Im Elsass trinkt man zu den Gerichten natürlich Wein“. Und der kommt hier aus dem familieneigenen Weingut „Domaine Agapé“. Ehemann Vincent kreiert zum exotisch angehauchten Lachs einen noch sehr jungen wie rassigen Riesling, der das Zeug zum Grand Crus hat. Die Damen aus dem Kochkurs lassen es sich jedenfalls schmecken. Ein Prosit aufs Elsass. À votre santé! (Holger Bernert)
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