2. November 2009, Rheinland-Pfalz

Cochem feiert den Federweißer

Der November gilt den meisten Mitteleuropäern als trübster Monat des Jahres – wohlgemerkt, den meisten. Denn ein kleines Moselstädtchen hört nicht auf, der tristen Stimmung Widerstand zu leisten: Cochem.Die Wirkung des Zaubertranks, der dort gegen die Spätherbst-Melancholie eingesetzt wird, ist vielfach erprobt und keineswegs geheim. „Federweißer“ heißt er, ein aus weißen Rebsorten gepresster Traubenmost, der gerade zu gären beginnt. Ausgeschenkt wird der spritzige Trunk bei Musik, Stimmung und Tanz im beheizten Festzelt auf dem Endertplatz am zweiten und dritten Wochenende im November.Auch wenn der Federweiße äußerlich so unschuldig einher kommt wie Traubensaft, er hat es in sich. Dem Kenner offenbart er sich durch feine Kohlesäurebläschen und die Hefen, die wie winzige Federchen im Glas tanzen – daher der Name. Dieses Geschenk von Mutter Natur ist höchst lebendig: Die voranschreitende Gärung kann seinen Geschmack innerhalb von Stunden völlig verändern. Entsprechend schwierig bis unmöglich erweisen sich Transport und Lagerung. Genau das aber ist eine der Stärken dieses kapriziösen Getränks: Federweißer ist immer frisch. Und weil er viele Vitamine, verdauungsfördernde Milchsäurebakterien und relativ wenig Alkohol enthält, ist er auch gesund.

Trotzdem sollte er mit gebotener Achtung genossen werden: Da die Süße des noch nicht vergorenen Zuckers den Alkohol kaschiert, trinkt sich der Most leicht wie Saft. Das Ganze kann dann zu der – leider verspäteten – Erkenntnis führen, warum der Federweiße mancherorts auch „Rauscher“ genannt wird.

Immerhin kann dem durch kräftige Kost vorgebeugt werden. So wird beim Cochemer Federweißenfest frisch gebackener Zwiebelkuchen serviert. Im Städtchen und in den umliegenden Weinorten stehen in jenen Tagen traditionell deftige Gerichte vom Reh, Hirsch und Wildschwein aus den Eifel- und Hunsrück-Wäldern auf den Speisekarten. Am 11ten November lockt der Duft gebratener Gänse in die gastlichen Stuben – selbstverständlich erst, nachdem die Dörfler die Martinsfeuer auf den Höhen entzündet und im Tal ihre Laternenumzüge beendet haben. Auch Walnüsse und Beeren erleben jetzt ihre herbstliche Veredelung, als Gelee oder Sauce, als Sorbet oder auf Torten.

Wenn es dann doch einmal zu viel des Guten war, gibt es gleich zwei wohltuende Möglichkeiten, der Schwere abzuhelfen: ein Spaziergang in der prickelnden Herbstluft – und ein Gläschen Federweißer…(Ferienland Cochem)



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