26. November 2009, München

Von der Haide: „Eine andere Welt ist pflanzbar.“

Die Guerilla Gärtner sind eine selbst organisierte Gemeinschaft, die sich  aktiv um die Bepflanzung öffentlicher Plätze, Grünstreifen, Verkehrsinseln, unbegrünter Betonkübel, Bauinseln oder vergessener Hinterhöfe kümmern. Die Guerilla-Gärtner-Aktionen wollen aber nicht nur das Stadtbild verschönern, sondern auch politische Statements setzen und die Menschen darauf aufmerksam machen, Verantwortung für ihre Stadt zu übernehmen und ein Umweltbewusstsein zu entwickeln. Diese informellen Bepflanzungsaktionen finden in Deutschland in einem rechtlichen Graubereich statt.

Frau Ella von der Haide ist eine Guerilla Gärtnerin und Dokumentarfilmerin. Sie wird Reisenews-Online (RNO) exklusive Einblicke und Hintergründe zu dem Projekt geben.

RNO: Wie sind Sie zu einer Guerilla Gärtnerin geworden?

Von der Haide: Ich konnte das triste Grau der Städte nicht mehr ertragen, weiterhin glaube ich das eine andere Welt pflanzbar ist! Unsere Umwelt- aber auch unsere Gesellschaft, können wir lebenswerter gestalten durch kollektives Gärtnern. Gemeinsames Pflanzen und Ernten macht nicht nur die Städte schöner sondern auch gesünder, vermeidet Autoverkehr und verbindet uns.

RNO: Wo gibt es in Deutschland Guerilla Gärtner Organisationen und wer kann sich ihnen anschließen?

Von der Haide: Es gibt in jedem Dorf Guerilla GärtnerInnen, allerdings sind die wenigsten davon organisiert. In den meisten Fällen sind es die Omas von nebenan. Wenn man gut aufpasst lernt man viel über das Gärtnern von ihnen. Dann geht das ganz leicht, noch schnell eine Sonnenblume pflanzen oder ein Pflänzchen gießen.

Zahlreiche Organisationen findet man im Internet, zum Beispiel die in Münchenist über www.greencity.de zu erreichen.

RNO: Welches war in Ihren Augen die spektakulärste Bepflanzungsaktion. Warum?

Von der Haide: Im Berliner Stadtteil Friedrichshain haben wir auf einer brachen Fläche sogenannte Rasenmöbel, also Bänke und Sitze aus Erde und Rasen, gepflanzt. Hier haben wir Guerillas dann Open-Air Kinoabende organisiert. Diese Aktion hat gezeigt, dass aus einer tristen, ungenutzten Fläche ein sinnvoller, grüner Ort für ein menschliches Miteinander entstehen kann.

RNO: Wie finanzieren die Gärtner die Aktivitäten und welches gartenbauliche Know-how bringen sie mit?

Von der Haide: Geld lehnen wir ab – Pflanzen und Samen gibt es in einer großen Fülle in unserer Umwelt umsonst zu haben. Viele von uns sind schon lange informelle und auch formelle GärtnerInnen- wir lernen viel voneinander!

RNO: Welche Reaktionen kommen von Städtern und Behörden auf die Aktionen?

Von der Haide: Die Städte geben uns fast nur positive Reaktionen, die Menschen empfinden Freude über die Möglichkeit ihre Umgebung mit zu Gestalten und zu Pflegen. Nach den Aktionen werden die Pflanzen von Freiwilligen in der Umgebung des Gartens gepflegt- dadurch verbessert sich häufig auch das nachbarschaftliche Verhältnis.

RNO: Wurden schon einmal rechtliche Schritte gegen die unerlaubten Bepflanzungen unternommen?

Von der Haide: Ja, der „Gemeinschaftsgarten Rosa Rose“ in Berlin wurde geräumt und im Zuge dessen kam es zu einem Rechtsstreit. Auch der interkulturelle Nachbarschaftsgarten im Münchener Stadtteil Neuperlach ist von einer Kündigung bedroht. Aber die meisten Aktionen wurden bis jetzt von der Öffentlichkeit begrüßt.

RNO: Welche öffentliche Fläche würden Sie gerne einmal nach Ihrem kreativen Verständnis bepflanzen? Welches Statement würde dahinter stehen?

Von der Haide: Die Straßen Münchens würde ich gerne Grün sehen- mehr Pflanzen dafür weniger Autos.

RNO: In ihrem Lebenslauf findet sich auch die Station einer Reiseleiterin für botanische Gartenreisen nach Italien. Welche Region des Landes können sie den Gartenfans unter unseren Lesern ganz besonders ans Herz legen?

Von der Haide: Die Gemeinschaftsgärten in Mailand und Rom liegen mir besonders am Herzen. Ansonsten bietet auch Ligurien wunderschöne alte Parkanlagen mit Meerblick.

RNO: Frau von der Haide Sie sind nicht nur selber Aktivistin sondern auch Filmemacherin,
worum geht es in ihren Filmen?

Von der Haide: Meine Dokumentarfilmreihe heißt „Eine andere Welt ist pflanzbar!“ Ich portraitiere Guerilla Gardening und Gemeinschaftsgartenprojekte rund um den Globus. In drei Filmen zeige ich die neuesten Gartenentwicklungen im argentinischen Buenos Aires, im südafrikanischen Kapstadt und in Berlin. Zurzeit arbeite ich an einem Film über die Gemeinschaftsgartenszene in Amerika. Infos gibt auf meiner Homepage www.eine-andere-welt-ist-pflanzbar.de wo die Filme auch bestellt werden können.

RNO: Vielen Dank für das Interview.

Das Interview führte Reisenews-Online-Redakteurin Anna-Lena Walter.

Video: Guerilla Gardening – metro @ PULSTV



» Diesen Artikel via Mail weiterempfehlen





Das könnte Sie auch interessieren:

Weitere Beiträge zum Thema: