29. Dezember 2009, Reisereportagen, Spanien

Winterfeste im Sonnenland: Spanien vertreibt die Dämonen

Eingefleischte Spanienurlauber betrachten Spanien längst nicht mehr nur als Sommerziel für Sonne und Strand. Auch im Winter bietet das beliebte Reiseland ein interessantes Potpourri an kulturellen und landschaftlichen Höhepunkten. Die zahlreichen Feste in den Wintermonaten machen mit uralten Riten und althergebrachten ländlichen Traditionen bekannt.

Mitte Januar werden auf Mallorca und an vielen Orten des spanischen Festlandes zum Gedenken an den Heiligen Antonius die Feuer entzündet, während Teufel und Dämonen durch die Straßen tanzen. Die Riten um das Fest gehen auf Jahrhunderte, oft Jahrtausende alte Traditionen zur Wintersonnenwende zurück. So war es bereits bei den Kelten üblich, Tiere und Menschen durch das reinigende und schutzbringende Feuer springen zu lassen. Besonders magisch geht es dabei in den Dörfern Mallorcas zu. Am Abend des 16. Januar, dem Vortag des Festes zum Heiligen Antonius, trifft man sich in den Straßen zum Sobrassada-Essen. Die typische mallorquinische Wurst wird neben anderen traditionellen Wurstsorten gegrillt. Unzählige Scheiterhaufen erleuchten die Nacht. Schrecken einflößende Gestalten – Dämonen und Teufel – springen tanzend umher und wagen den ein oder anderen Sprung durch die Flammenglut. Ihre roten Masken mit den schwarzen Hörnern leuchten im Schein der Feuer. Sie stellen die Sünde und alles Schlechte dar und erinnern an die Versuchungen, die der Legende nach den Heiligen Antonius als Einsiedler in seiner Einsamkeit quälten.

Am darauffolgenden 17. Januar gibt es in Orten wie Artà, Sa Pobla, Pollença, Muro oder Manacor, bunte Umzüge mit Reitern und Wagen. Typische Szenen aus dem ländlichen Leben Mallorcas und Szenen aus dem Leben des Heiligen werden dargestellt. Den Heiligen Antonius selbst verkörpert ein Mann im Mönchsgewand mit Maske, hinter dem die roten Teufel herjagen. Wer einen Eindruck von dem Spektakel bei seinem Mallorca-Urlaub auch zu anderen Jahreszeiten erhalten möchte, dem sei ein Besuch des Museums von Sankt Antonius und dem Teufel, Museu Sant Antoni i el Dimoni, in Sa Pobla empfohlen. Das Museum vermittelt anhand von Fotos, Videos, Zeichnungen, Masken und Kostümen einiges von dem Ambiente und den alljährlichen Ritualen dieses Festes, das in Sa Pobla bereits seit dem 14. Jahrhundert dokumentiert ist.

Ausgelassene Feste mit Scheiterhaufen, Teufeln, Reiterumzügen und Pferdesprüngen durch das Feuer und szenischen Darstellungen aus dem Leben des Heiligen Antonius werden auch auf dem Festland Spaniens am 17. Januar gefeiert. Vor allem in den Dörfern der Bergregion des Maestrazgo im Hinterland der Küstenregion Valencias und im angrenzenden Aragonien, beispielsweise in Morella oder Mirambel, erlebt man sehr ursprüngliche Sankt Antonius Feste.

Da der Heilige Antonius der Schutzpatron der Tiere ist, gehören jedoch auch Prozessionen mit Haustieren und ihre Segnung in vielen Orten Spaniens zu diesem Tag. Eine der eigenartigsten Prozessionen dieser Art findet in Madrid selbst statt. Mitten im Zentrum der Hauptstadt, im Chueca-Viertel, reihen sich Hunderte von Madrilenen mit ihren nicht selten festlich ausstaffierten Haustieren in der Warteschlange vor der San Antón-Kirche ein, um die Tiere segnen zu lassen. Hunde und Katzen mit Schleifchen, Röckchen und Bändchen, Wellensittiche, Kanarienvögel, Hamster, Papageien oder Mäuse, selbst Exoten wie Schlangen werden herbeigebracht, um den Segen des Schutzpatrons der Tiere zu erhalten. Wer Spaniern mangelnde Tierliebe nachsagt, wird spätestens bei diesem Spektakel eines Besseren belehrt. Nachdem die Tiere gesegnet wurden, und ihre Herrchen oder Frauchen das sogenannte „Brot des Heiligen“ erhalten haben, zieht man durch die umliegenden Straßen, um diesen besonderen Tag gebührend zu feiern. Das „Brot des Heiligen“ wird das ganze Jahr aufbewahrt. Unter das Brot legen viele Madrilenen eine Münze. Dies soll besonderes Glück bringen.

Diese Art des Festes stammt aus dem 16. Jahrhundert. Einst war es bekannt als das „Fest des Schweinekönigs“, da die Schweinehirten damals einen „König“ aus ihren Herden und unter den Hirten kürten. Auch zu jenen Zeiten segneten Mönche die Tiere.

Der Heilige Antonius, ein ägyptischer Eremit, gilt als Begründer des Mönchtums. Mit 20 verschenkte er sein Hab und Gut an die Armen und lebte fortan weltabgeschieden als Asket. Ihm wird nachgesagt, dass er stets für leidende Menschen und Tiere sorgte. Der Legende nach näherte sich ihm eines Tages ein Wildschwein mit seinen blinden Frischlingen. Der Heilige Antonius heilte sie und man sieht ihn seitdem auf Bildern häufig in Begleitung dieses Tieres.

An vielen Orten, wie auf Mallorca ersetzen die Masken und die Feuer des Antonius-Festes den Karneval, der ebenfalls auf alte Riten zur Wintersonnenwende zurückgeht und den Winter und alles Schlechte vertreiben soll. Einen ganz eigenen Karneval feiert die Stadt Tolosa im Baskenland und ihre Umgebung. Zwischen dem Faschingsdonnerstag, dem „Jueves Gordo“, und dem Faschingsdienstag durchlebt Tolosa sein bedeutendstes jährliches Fest. Charakteristische Merkmale sind neben dem großen Umzug am Faschingssonntag besonders die „Txarangas“, die zahlreichen Musik- und Gesangsgruppen, die Stierspiele in Tolosa und die Tänze der „Txantxoks“ und „Talai“ in den Dörfern der Umgebung. Am frühen Sonntagmorgen treffen sich verkleidete Jugendliche in einigen Dörfern wie Amezketa oder Lizartza und beginnen einen langen Rundgang von Haus zu Haus, von Gehöft zu Gehöft. Die Gruppen bestehen aus 8 bis 12 Tänzern, den Txantxok, einem Akkordeonspieler, dem „Zesterue“, der die Belohnung einsammelt und dem „Mozorro“, dem Anführer der Gruppe. Um ihre Ankunft anzukündigen, bläst der Mozorro in ein Horn, das er bei sich trägt. Der „Zesterue“ fegt den Bereich, auf dem kurz darauf ein Tanz mit Stöcken beginnt. Nachdem die Gruppe ihre Belohnung erhalten hat, zieht sie weiter ans nächste Haus. Am Mittag endet der Umzug auf den Dorfplätzen.

In Tolosa selbst beginnt der Karneval am Donnerstag mit einem „Txupinazo“, einem Raketenschuss vom Rathaus-Balkon aus. Dann wird von Bar zu Bar gezogen, um den „Pintxo de Chistorra“, eine typische Wurst-Tapa zu genießen. Die folgenden Tage gehören den mehr als 20 Musik- und Gesangsgruppen, die mehrmals durch die Straßen ziehen und Parodien auf bekannte Persönlichkeiten aus der Lokal- und Nationalpolitik, oder aus Film und Showgeschäft erklingen lassen. Während in den kleinen Orten der Umgebung die Txantxoks ihre Tänze darbieten, geht man in Tolosa am Morgen des Faschingssonntag im Pyjama aus, um zu frühstücken.

Wer in der Faschingszeit, die 2010 vom 11. bis 16. Februar ihren Höhepunkt erreicht, im Baskenland weilt, sollte sich einen Besuch beim buntesten und ausgelassensten Karnevalsspektakel der Region nicht entgehen lassen. Informationen zu den oben beschriebenen Orten gibt es in den Spanischen Fremdenverkehrsämtern in Deutschland oder im Internet. (RNO)



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