19. Januar 2010, Brandenburg

Die Reißzwecke, Erfindung Marke Brandenburg

Irgendwann hatte der Uhrmachermeister Johann Kirsten genug von den Schmerzen im Daumen der rechten Hand, wenn er wieder einmal einen Zettel mit einem Nagel ans Brett in seiner Werkstatt in Lychen in der Uckermark befestigen wollte. Das musste sich ändern, überlegte der Mann im Hinterhof seines Wohnhauses in der Berliner Straße 13. Er legte ein fingernagelgroßes Metallplättchen auf einen spitzen Nagelstift und stanzte die ganze Konstruktion zusammen – fertig war die „Pinne“, auch „Reiß- oder Heftzwecke“ genannt.

Reichtümer häufte der von Zeitgenossen als „kauzig und chaotisch“ beschriebene Tüftler allerdings nicht an. Er verkaufte seine Erfindung 1904 an den Lychener Kaufmann Otto Lindstedt, der mit dem Patent der „Heftzwecke“ und in seiner Kurzmetallfabrik zum Millionär aufgestiegen sein soll. Dessen Leben endete allerdings tragisch. Kurz vor dem Ende des zweiten Weltkrieges brachte er sich und seine Familie am 30. April 1945 aus Angst vor den russischen Truppen um.

Johann Kirsten dagegen soll ziemlich oft betrunken gewesen sein. Jedenfalls hält sich in Lychen bis heute die Anekdote, wonach sich der Uhrmachermeister oft eine Kutsche bestellt haben soll, um von der Kneipe ins Nachbarhaus oder umgekehrt zu fahren. Während dessen litten seine Kinder dahin Hunger. Von Johannes Kirsten stammt auch der Verschluss auf Kohlensäureflaschen, dessen Blubb-Geräusch beim Öffnen vor Jahren die Werbung für ein besonderes Pilsner bekannt machte.

Bei einem Rathausbrand sind vor vielen Jahren zahlreihe Dokumente vernichtet worden, unter auch anderem alle Fotos von Kirsten. Außerdem gibt es keine Hinweise auf das Grab des Erfinders. In Lychen endete die Reißzweckenproduktion im Jahre 1962.

Staunen über Johann Kirsten in Lychen
Vor dem etwas außerhalb von Lychen gelegenen Seehotel Lindenhof steht seit der 750-Jahr-Feier 2003 auf der Halbinsel im Wurlsee eine 2,50 Meter große Stele aus Stahl, die von einer „Riesen-Reißzwecke“ gekrönt wird. Der Schöpfer ist Bildhauer und Glasgestalter Werner Kothe aus dem nahen Annenwalde. Außerdem stößt der Tourist in Stadtzentrum von Lychen auf mehrere Informationstafeln in Form einer Reißzwecke.

Anreise
Auf der B 96 bis Fürstenberg (Havel) und von dort in Richtung Templin bis Lychen. Zwischen Fürstenberg und Templin verkehren Busse.

Erleben, Essen und Trinken
Rund um Lychen befinden sich sieben Seen, die sich für Kanu- oder Flößertouren eignen. Durch den Ort verläuft die Draisinenstrecke zwischen Templin und Fürstenberg. Im nahen Himmelpfort besteht Anschluss an den Radfernweg Berlin-Kopenhagen. (TM Brandenburg)



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