16. Februar 2010, Uncategorized

Zu Gast in Europas größten Porzellanmuseum

Vor 300 Jahren wurde der Traum vom „Weißen Gold“ auch in Europa endlich wahr. Nahe der Grenze Frankens zu Tschechien befindet sich heute die bedeutendste europäische Porzellanregion – über 60 Prozent aller Porzellane „made in europe“ kommen von hier. Vom 24. April bis 2. November 2010 zeigen die beiden Standorte des „Porzellanikons“, Selb und Hohenberg a.d. Eger, gemeinsam eine Jubiläumsausstellung. „Königstraum und Massenware.

300 Jahre europäisches Porzellan“ ist mit gut 1.000 Exponaten, inklusive Leihgaben von 100 Institutionen und Museen aus 17 Ländern, auf 3.500 Quadratmetern die größte Porzellanausstellung, die es kontinentweit je gab. Aufwändige Inszenierungen, der Einsatz moderner Medien, opulente Themeninseln, kostbare, aber auch überraschende Porzellanexponate, wie man sie so noch nie zusammen sah, machen diese Jubiläumsausstellung einzigartig.

Nacherfindung für Europa
Ganz Europa fieberte nach dem „Weißen Gold“! Einst tauschte August der Starke ganze Hundertschaften von
Soldaten für Porzellan aus China. Bei solchen „Preisen“ war echtes Porzellan natürlich Königen und Fürsten vorbehalten – heute kann sich jedermann nach seinem Geschmack und Belieben damit eindecken. 1708 glückte in Europa erstmals der Versuch Porzellan zu brennen. Und schon 1710 nahm die erste europäische Porzellanmanufaktur ihren Betrieb auf: die „Porzellanmanufaktur Meissen“. 2010 ist deshalb offiziell das 300. Jubiläumsjahr der Nacherfindung des „Weißen Goldes“ auf dem Alten Kontinent.

Europas größtes Porzellanmuseum
Mit 11.000 Quadratmetern und vier musealen Institutionen an zwei Orten unter einem gemeinsamen Namen ist das „Porzellanikon“ das größte Porzellanmuseum Europas und ein regelrechtes Mekka des „Weißen Goldes“. Im „Porzellanikon Selb“ widmet sich das „Europäische IndustrieMuseum“ für Porzellan der Verarbeitung des unscheinbaren Rohstoffes zur Kostbarkeit; das „Rosenthal Museum“ zeichnet den Aufstieg eines deutschen Unter-nehmens zur Weltmarke nach. Und das „Europäische Museum für Technische Keramik“ schließlich zeigt, was normalerweise unsichtbar ist: der Einsatz von Keramik und Porzellan in Mechatronik und Medizin, in Raumfahrt, Elektro- und Labortechnik. Untergebracht ist das „Porzellanikon Selb“ in der denkmalgeschützten ehemaligen Rosenthal-Fabrik – ein lebhaftes, gelungenes Beispiel einer erfolgreichen Umnutzung und so auch Zeichen für den Strukturwandel einer Region, die dabei ist, sich zu verändern.

Das „Porzellanikon Hohenberg a.d. Eger“ liegt 11 Kilometer südöstlich. Hier nutzt man die ehemalige Direktorenvilla der Familie Hutschenreuther, die in den 1980er Jahren um einen modernen Anbau erweitert wurde. Romantisch in einem Garten mit Apfelbäumen und Rosenlauben gelegen, findet man hier das Porzellan in all seinen Ausführungen seit dessen Nacherfindung in Meißen vor 300 Jahren bis heute: 12.000 Ausstellungsstücke führen Prachtvolles und Alltägliches vor Augen und wecken viele Erinnerungen an die eigene Tisch- und Tafelkultur. Weitere 150.000 Exponate warten im Archiv: Es gibt kein anderes Museum, das die Geschichte des Porzellans aus deutschsprachigen Provenienzen so lückenlos, lebhaft und hochkarätig abbilden würde.

Kontinentweite Porzellanausstellung im Jubiläumsjahr
Vor 300 Jahren also, am 23. Januar 1710, eröffnete mit der „Porzellanmanufaktur Meissen“ die erste Produktionsstätte für Porzellan in Europa. Ziemlich genau zwei Jahre nachdem das Geheimnis des „Weißen Goldes“ von Johann Friedrich Böttger und Ehrenfried Walther von Tschirnhaus gelüftet wurde, ging die von August dem Starken so sehnlichst  gewünschte Manufaktur an den Start. Für den hoch verschuldeten Regenten, der nicht nur an Geldmangel, sondern auch an der „Maladie de Porcelaine“ litt, ein weniger einträgliches Unternehmen, als er sich erhofft hatte – denn trotz strengster Geheimhaltung tauchte die begehrte Rezep-tur bald an allen großen Fürstenhöfen und Königshäusern Europas auf und mit ihr die Konkurrenz. „Königstraum und Massenware. 300 Jahre europäisches Porzellan“ zeichnet die Entwicklung des einst mit Gold aufgewogenen Werkstoffes kontinentweit nach, bis hin zur Entwicklung des Porzellans zum Technikutensil und alltäglichen Gebrauchs-gut.

Porzellangeschichte ist Kulturgeschichte
Was in Europa geschah, als sich ein ganzer Kontinent vom Feudalismus der Hocharistokratie abwandte, revoltierte, allmählich verbürgerlichte, schließlich demokratisch wurde und heute Teil einer globalisierten Welt ist: Wohl kein zweites Material bildet diese Entwicklung so anschaulich ab wie Porzellan, das sich vom Repräsentationsgegenstand des Adels zum alltäglichen Wegbegleiter des Jedermann entwickelte. Porzellangeschichte ist Kulturgeschichte, das sieht man auch an den Exponaten: Für die Ausstellung „Königstraum und Massenware“ kommen Porzellane aus dem Louvre und dem Metropolitan Museum New York, vom russischen Peterhof oder aus dem Topkapi Palace Museum Istanbul, Schätze aus Sèvres und dem Londoner Victoria and Albert Museum, aus dem Maritim Museum Helsinki oder dem Nationalmuseum Warschau nach Franken.

Zu Gast bei Adel und Hocharistokratie
Die Ausstellung weiß die zwei Standorte des „Porzellanikons“ gut zu nutzen. Im „Porzellanikon Hohenberg a.d. Eger – Deutsches PorzellanMuseum“ werden die Besucher in der alten Gründerzeitvilla auf eine Zeitreise vom Barock bis zum Art Déco geschickt. Das Museum, mit einer Ausstellungsfläche von 2.000 Quadratmetern, wurde dafür umgebaut und modernisiert. Nun findet man die einzelnen Epochen in aufwändigen Spezialarchitekturen wieder – in einer Mischung aus animierten Szenen und dramaturgisch gut positionierten Highlights der Porzellangeschichte. Gezeigt werden Stücke aus dem Besitz von Zarin Katharina, Napoleon, König  Ludwig II oder der Familie Esterházy:

Alle namhaften Manufakturen Europas sind vertreten. Bis hin zu den eleganten Schöpfungen des Jugendstils steht Porzellan hier für höchste Handwerkskunst, für erlesenen Geschmack und für eine prunkvolle, manches Mal gar prunksüchtige Lebensart.

Porzellan – kann alles!
Wechselt man danach ins „Porzellanikon Selb“, findet man sich nicht nur architektonisch in einer anderen Welt: In der alten Porzellanfabrik ändert sich auch das Ausstellungskonzept, mit Beginn der Industrialisierung verlassen die Kuratoren den linearen Zeitstrahl. Auf weiteren 1.500 Quadratmetern präsentiert sich das vielseitige Material auf fünf Themeninseln, welche die unterschiedlichen Anwendungsmöglichkeiten des Porzellans aufzeigen: „Porzellan und Architektur“, „Porzellan und Design“, „Porzellan und Lifestyle“, „Utopien des Alltags“ und „300 + X“. Diesem Ausstellungsteil liegt eine Ausschreibung an alle Designhochschulen Europas zugrunde, die junge Nachwuchstalente aufgefordert hatte, ihren Visionen für das Porzellan der Zukunft Gestalt zu geben.

Besondere Ausstellungserlebnisse
Das Museumsteam hat für Gruppen zwei Erlebnisführungen zusammengestellt, die den Besuch der Ausstellung ergänzen oder für sich alleine stehen können: launige Exkursionen in die Geschichte des Porzellans mit Verköstigung. Gruppen bis zu 25 Personen können zudem für den Einführungskurs „Avanti dilettanti! – Porzellanmalen für alle“ anmelden, jeder nimmt am Ende ein Stück selbst bemaltes Porzellan mit nach Hause. Für einzelreisende Krimifans ist zu festen Terminen in Selb der Porzellan-Dinner-Krimi „Scherbengericht“ buchbar, bei einem Vier-Gänge-Menü rätselt man am 22. Mai, am 6. Juni, am 2. Juli, am 29. August, am 10. Sep-tember und am 29. Oktober 2010.

„Schlemmen, genießen, Porzellan erleben – ein Fest für die Sinne“: Unter diesem Motto laden auch die Gastronomen und Hoteliers der Region Fichtelgebirge zu einer Entdeckungs- und Genießerreise rund um das Porzellan ein. Die Pauschalangebote, die extra zur Jubiläumsaustellung arrangiert wurden, werden in der Broschüre „Königstraum und Hochgenuss“ vorgestellt – erhältlich über die Tourist Information Fichtelgebirge oder als Download auf der Website zur Ausstellung (www.koenigstraumundmassenware.org).

Kulturelles Rahmenprogramm
Ein vielfältiges Begleitprogramm rund um die Ausstellung zeigt weitere Facetten des Themas Porzellan oder lädt einfach nur zu kulturellen Genüssen ein: Zu Gast in Selb sind zum Beispiel die Hofer Symphoniker – mit einer Welturaufführung des Atrium-Quintetts am 15. Mai und einer Sommerlichen Serenade am 17. Juli 2010, das Theater der Stadt Hof unter anderem mit seiner Ballett-Compagnie am 14. Juli 2010 oder das Haus Marteau: „Marteau auf Reisen“ heißt es am 3. Juli mit dem Meisterkurs Violine und am 24. September 2010 mit dem Meisterkurs Oboe. Mehrtägige Porzellanmalkurse oder monatliche Expertisentage („Schatz oder Schmonzes?“) mit der Kuratorin der Jubiläumsausstellung laden in Hohenberg zum aktiven Erleben des Porzellanjubiläums ein.

Die Familiensonntage des „Porzellanikons“ („Anfassen – selber machen – mitnehmen!“) finden abwechselnd in Hohenberg und in Selb statt: am 16. Mai, 20. Juni, 18. Juli, 22. August, 19. September und 10. Oktober 2010, beginnend in Hohenberg. Ein schöner Reiseanlass ist auch das Porzellinerfest in Selb mit Europas größtem Porzellanflohmarkt am 7. August 2010 – Porzellan, Musik und Feierlaune bis in die späten Abendstunden. Alle Termine in Selb und Hohenberg sind im Internet (www.koenigstraumundmassenware.org) zu finden. Informationen und Karten gibt es über das „Porzellanikon“ unter der Telefonnummer 09287/91800-765.  (Tourismusverband Franken e. V.)



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