23. März 2010, Murcia

Heiliges Jahr in Caravaca de la Cruz

Die nordwestlich von Murcia gelegene Stadt Caravaca de la Cruz ist nach Jerusalem, Rom, Santiago de Compostela und Santo Toribio de Liébana die fünfte Heilige Stadt auf der Welt. Im Januar 1998 hatte der Vatikan Caravaca die Ehre erwiesen, ab dem Jahr 2003 “in perpetuum” alle sieben Jahre das “Heilige Jahr” zu feiern. Im Jahr 2010 begeht Caravaca damit sein zweites Heiliges Jahr.

Der Ursprung von Caravaca als Heilige Stadt geht auf das 13. Jahrhundert zurück, als im Jahr 1232 ein “Lignum Crucis”, ein Holzstück des Kreuzes, an dem Jesus starb, aus dem Orient nach Caravaca gelangte. Die Reliquie wird in einem doppelarmigen Brustkreuz aufbewahrt, das den Namen “Vera Cruz”, “Wahres Kreuz”, trägt, um es von den vielen “falschen” Reliquien zu unterscheiden, die in der Zeit der Pilgerfahrten auftauchten.

Besonders im Wonnemonat Mai lohnt sich ein Besuch Caravacas. Am 1. Mai gerät die kleine Stadt an der Grenze zur andalusischen Provinz Granada in Feierlaune. Dann fällt der Startschuss für das „Fest des Heiligen Kreuzes“, das bereits auf das Mittelalter zurückgeht und auf einer Mischung aus historischen Ereignissen und Legenden basiert. An diesem ersten von insgesamt fünf Festtagen strömen alle zum Sanktuarium des Heiligen Kreuzes innerhalb der ehemaligen Festung, dem Alcázar. Hier findet eine Messe statt, in der die neuen Mitglieder der Bruderschaft des Heiligen Kreuzes feierlich aufgenommen werden. Zum Abschluss wird ein Opfer aus Hunderten von Blumen dargebracht und die Reliquie des Heiligen Kreuzes danach in einer feierlichen Prozession zur Salvador-Kirche im Ortszentrum getragen. Dann folgt der Beginn eines Spektakels, das am zweiten Festtag seinen Höhepunkt erreichen wird: Die festlich geschmückten „Weinpferde“ reihen sich auf in der Hauptstraße, der Calle Mayor, um kurz darauf in einem Wettrennen durch die engen Gassen der Altstadt zur Plaza de Los Caballos del Vino zu jagen.

Am darauffolgenden Tag, dem 2. Mai, wird die Stadt durch das Läuten sämtlicher Glocken Caravacas und den Lärm und Geruch von Schießpulver geweckt. Der absolute Höhepunkt des Tages und des gesamten Festgeschehens ist das atemberaubende Wettrennen der „Weinpferde“ den Hang zur Festung hinauf. Die „Weinpferde“ erinnern an die Belagerung der Stadt durch die Mauren im 13. Jh. Damals wurden die Burg und der Ort von den Templern kontrolliert, denen es gelang, während der Belagerung mit ihren Pferden die Reihen des Feindes zu durchbrechen, um Wasservorräte zu holen. Statt mit Wasser kehrten sie mit Wein gefüllten Schläuchen zurück auf die Burg. Am Nachmittag gedenkt die Stadt mit einem farbenfrohen Schauspiel der einstigen Kämpfe zwischen Christen und Mauren.

Am 3. Mai und dritten Tag des größten Festes von Caravaca erfolgt das sogenannte „Bad des Kreuzes“. Die Kreuzreliquie wird in eine Quelle im „Templete“, einem kleinen barocken Tempel mit sechseckigem Grundriss, getaucht. Die Anwesenden, der Ort und die umliegenden Felder werden symbolisch mit dem Wasser besprenkelt. Auch dieses Ritual hat seinen Ursprung in einer Legende, nach der im Jahr 1384 mit Hilfe des durch das Kreuz gesegneten Wassers eine Heuschreckenplage abgewendet werden konnte.

Der vierte Festtag bringt den festlichen und farbenfrohen Umzug, an dem alle Gruppen der „Mauren“ und „Christen“ teilnehmen. Der letzte Festtag bildet am 05. Mai den krönenden Abschluss, wenn die Kreuzreliquie zunächst von Haus zu Haus zu den Kranken gebracht wird, bevor sie schließlich unter dem Jubel aller wieder ihren Weg hinauf in ihr Heiligtum in der Burgkirche nimmt. Nicht fehlen dürfen an diesen Tagen natürlich Feuerwerk-Spektakel und der manchmal ohrenbetäubende Lärm der Knallkörper.

Nicht nur an diesen Festtagen bestimmt die Reliquie des Kreuzes das Leben von Caravaca. Ihre Herkunft geht ebenfalls auf eine Legende zurück, nach der das Kreuz durch ein Wunder in die Burg gelangte: Am 3. Mai 1232 bat der almohadische Herrscher von Caravaca, Abu-Zeit, seinen Gefangenen Chirinos, einen christlichen Priester, ihm zu zeigen, was die Heilige Messe sei. Der Priester begann mit seinen Vorbereitungen, hörte aber nach kurzer Zeit auf, da ihm das Symbol des Heiligen Kreuzes fehlte. In diesem Moment erschienen zwei Engel, die das “lignum crucis” auf den Altar legten. Angesichts dieser wunderbaren Erscheinung konvertierten Abu-Zeit und sein Hof zum Christentum.

Anderen Quellen nach soll die Kreuzreliquie dem ersten Bischof von Jerusalem, Robert von Jerusalem, der die Stadt in Palästina im ersten Kreuzzug erobert hatte, gehört haben. 130 Jahre später brachte ein Nachfolgerbischof von Robert von Jerusalem das Holzstück nach Caravaca. Der Templerorden, der mit Jaime I. nach Murcia kam, war der erste Orden, der diese mittelalterliche Reliquie, die in der Burg von Caravaca aufbewahrt wurde, 1265 vor den Angriffen der Mauren verteidigte.

Nachdem 1492 die Rückeroberung abgeschlossen war, erreichte die Nachricht über die Existenz des Kreuzes weite Verbreitung. Seine größte Bedeutung erlangte das Kreuz während des Goldenen Zeitalters im 16. und 17. Jahrhundert. Der Heilige Johannes vom Kreuz und die Heilige Teresa gründeten Klöster in Caravaca. Zahlreiche Jesuiten und Franziskaner ließen sich in der Stadt nieder. Gleichzeitig verbreiteten Kirchen- und Militärangehörige die Nachricht über das Vera Cruz auf ihren Missionsfahrten in Südamerika, Europa und den Philippinen. Der Glaube an die Heilige Reliquie brachte zahlreiche Pilger zum Sanktuarium des Alcázar de la Santísima Vera Cruz.

Innerhalb der Mauern der Burg, die sich im Besitz der Tempelritter und des Ordens von Santiago befand, steht auch die Kirche Sta. Cruz. Sie wurde im Herrero-Stil erbaut. Besonderes Glanzstück ist die rote Marmorfassade, wie sie auch bei vielen Kirchen Lateinamerikas zu finden ist. Neben dem Sanktuarium, das im 17. Jahrhundert erbaut wurde, und dem Templete bietet die 22.000 Einwohner zählende Stadt eine Reihe weiterer sehenswerter Bauwerke. So die Kirchen El Salvador, ein Schmuckstück der Renaissance, La Soledad und La Purísima Concepción sowie die Klöster Santa Clara und San José und das Rathaus aus dem 18. Jahrhundert. Und immer lohnt ein Bummel durch die gemütlichen Altstadtgässchen des Städtchens, das sich in diesem Heiligen Jahr gerade zu seinen Feierlichkeiten Anfang Mai besonders festlich schmücken wird. Reisende, die auch die reizvolle Umgebung kennenlernen möchten, bieten die „Caminos de la Cruz“, die „Wege des Kreuzes“ Gelegenheit dazu. Neun verschiedene Routen führen von verschiedenen Orten Murcias auf ländlichen Wanderwegen, alten Eisenbahnstrecken, den „vías verdes“, oder alten Viehwegen nach Caravaca de la Cruz. Durch die Anbindung über die sogenannte „Route der Reliquien“ ist Caravaca darüber hinaus auch angebunden an den Jakobsweg und den Frankenweg. (Tourspain)



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