25. Juni 2010, Griechenland

SKR-Interview zur Urlaubssituation in Griechenland nach der Staatspleite

Der Gruppen-Reiseveranstalter SKR hat seit langem ein starkes Standbein in Griechenland. Der Spezialist für anspruchsvollen „Urlaub mit Sinn“ bietet auf den Inseln Kreta, Patmos, Lesbos und Korfu sowie auf der Peloponnes ausgewählte, familiengeführte Hotels mit sehr persönlicher Betreuung in kleinen Gruppen. Das breite Freizeitangebot umfasst unter anderem Wanderungen, Kulturausflüge, Ayurveda, Yoga, Malen und Qi Gong.

Bei SKR ist die Zurückhaltung der Griechenlandurlauber deutlich geringer als bei anderen Veranstaltern. Die Geschäftsführer Olaf Melsbach und Thomas Müller nehmen hierzu Stellung.

Herr Melsbach, zögern Urlauber zu Recht, wenn es um das Reiseziel Griechenland geht?

Olaf Melsbach: Ich kann die Sorge vieler Menschen bei den Bildern im Fernsehen gut verstehen – allerdings darf man dabei nicht vergessen, dass es sich hier nur um sehr wenige Straßen in Athen und Thessaloniki handelt. Trotz der Bilder von Demonstrationen in der Hauptstadt Athen und trotz aller Spekulationen um den Euro ist Griechenland ein gastfreundliches, offenes und stabiles Urlaubsland. Ich war mitten in der Krise persönlich bei unseren Partnern auf Kreta zu Gast und habe natürlich Augen und Ohren offen gehalten – dort ist von den Turbulenzen überhaupt nichts zu spüren, die Gastfreundschaft ist dafür größer denn je.

Gilt das für ganz Griechenland?

Thomas Müller: Ja. Die Krise trifft vor allem die großen Bettenburgen mit Pauschaltouristen. Dort kann es gut sein, dass die Strände und die Hotels leerer bleiben als in früheren Jahren. Aber welcher Kunde mit Anspruch möchte schon so die schönsten Wochen des Jahres verbringen? Gerade in diesem Jahr stellen wir fest, dass besondere Angebote in Zeiten der Krise gefragt sind.

Olaf Melsbach: Nehmen wir einmal unser Kreta-Programm. Während die ganze Insel einen sehr schwachen Saisonstart hatte, waren unsere beiden Häuser bereits ab Mitte Mai stark gebucht. Hier hat SKR sich bereits vor vielen Jahren bewusst für ein Angebot im weniger touristischen Süden entschieden. Nicht wegen des Preises, sondern weil unsere Gäste hier echte griechische Gastfreundschaft und Lebensfreude erfahren. Hier sind die Urlauber weit weg vom krisenhaften Weltgeschehen – nicht nur räumlich.

Was ist der Schlüssel zu ihrem Erfolg in Griechenland?

Thomas Müller: Eindeutig das Produkt. Große Kettenhotels an einem schönen Strand sind eigentlich austauschbar. Überspitzt gesagt: Wenn Sie zwei Wochen lang nur zwischen Zimmer, Restaurant, Pool und Strand pendeln, merken Sie nur an der Dekoration, dass Sie in Griechenland sind. Wer solche Hotels bevorzugt, dem fällt es leicht, während einer Krise das Urlaubsziel zu wechseln und in die Türkei oder nach Ägypten in ein ähnliches Haus zu fahren. Dieselbe Kette, andere Dekoration. Besondere regionale Angebote aber, die sich ganz auf das Zielgebiet Griechenland konzentrieren, lassen sich nicht einfach austauschen. Deshalb erfreuen sie sich nach wie vor großer Beliebtheit.

Was meinen Sie mit „besonderen Angeboten“? Auch große Kettenhotels bieten Ausflüge und Besichtigungen an oder auch Dine-arounds, also Abendessen in verschiedenen Restaurants.

Olaf Melsbach: Massentourismus kann keine besonderen Angebote bieten. Ich nenne Ihnen als Beispiel für besonderen Urlaub unsere beiden Hotels auf Kreta. Beide Häuser gehören den Gebrüdern Tzortzakis. Die gesamte Familie kümmert sich persönlich um die Gäste: Die Eltern zum Beispiel führen selbst Wanderungen und zeigen ihre Heimat, ihre Kultur und Natur. Einer der Söhne, Jannis, führt die wunderschöne Taverne, und die anderen mittlerweile erwachsenen Kinder arbeiten in anderen Bereichen des Hotels mit.

Im Spätsommer können unsere Gäste die hauseigene Raki- und Weinproduktion der Gastgeber miterleben. Auch die Olivenernte ist für interessierte Gäste immer wieder ein besonderes Urlaubserlebnis. Solche Angebote bekommen Sie nur, wenn Sie Ihre Partner im Zielgebiet wirklich mit der Hand verlesen, gut kennen und die Partnerschaft über Jahre nachhaltig pflegen. Unsere Gäste sind zu Gast bei Freunden. Sie tauchen tief in das Alltagsleben ein. Das ist kein leeres Versprechen.


Weinproduktion, Olivenernte – das klingt nach Arbeit …

Olaf Melsbach: Die Olivenernte und Weinproduktion stellen lediglich optionale Freizeitangebote dar, um das Leben der Gastgeber und die kretische Kultur besser zu verstehen. Primär sollen sich unsere Gäste natürlich erholen und entspannen. Jedoch sind es gerade diese besonderen Erlebnisse, von denen unsere Gäste oft noch jahrelang schwärmen – weil sie authentisch sind. Wenn Sie wollen, können Sie auch unsere Kochkurse auf Kreta als Arbeit abtun. Soula, die Köchin unserer Partnerhotels, weiht unsere Gäste in der auch bei den Einheimischen sehr beliebten Hoteltaverne am Strand in die Geheimnisse der kretischen Küche ein, die zwar in ganz Griechenland bekannt, aber nur auf Kreta zu finden ist. Sie ist zum Beispiel sehr fleischarm und nutzt viele einheimische Gewürze und Kräuter. Erst kürzlich wurde die Taverne von der Greek Academy of Taste für ihre besonders gesunde und authentische Küche ausgezeichnet. Nein, ein Kochkurs dort ist keine Arbeit.

Trotzdem gibt es Gäste, die einfach nur entspannen wollen. Wo sind die besonderen Angebote für sie?

Thomas Müller: Griechenland bietet eine unglaubliche Fülle von wunderbaren Hotels in einzigartiger Lage. Eines unserer Hotels beispielsweise liegt idyllisch am Hang mit Meerblick in jedem Zimmer und dem Hausberg an der Hintertür. Das andere finden Sie direkt am Meer. Da können Sie tagelang faulenzen oder eben auch einen unserer Mal- und Yogakurse buchen – oder eine Ayurveda-Behandlung. Das ist doch Entspannung.

Ayurveda? Auf Kreta?

Olaf Melsbach: Oh, ja. Sree Kumar, der für die ayurvedischen Behandlungen verantwortlich ist, stammt aus Kerala in Indien und ist aus der Kaste der „Heilenden“. Seine Familie behandelte früher die Königsfamilie und hat die traditionelle Kunst über Jahrhunderte weitergegeben und verfeinert. Diese Qualität finden Sie sonst nur in speziellen Ayurveda-Hotels in Indien und Sri Lanka. Aber wir bieten unseren Gästen noch mehr: Unser Hotel verfügt über eine geräumige Yogahalle, in der Gabriele Emmert unseren Gästen Yogakurse anbietet. Am Strand bietet Sylvia Kahn Malkurse für Anfänger und Fortgeschrittene an. So können unsere Gäste sich im Urlaub vielfältig betätigen.

Sind solche Angebote nicht aber besonders teuer? Gerade in der Krise?

Olaf Melsbach: Ein klares Nein. Ich nenne wieder unsere Hotels als Beispiel. Sie wie auch die Taverne kochen ausschließlich mit lokalen Zutaten, viele aus der eigenen Familienproduktion. Olivenöle werden aus den eigenen Oliven erzeugt, Honig und Kartoffeln von Verwandten angebaut, Kräuter und Gemüse selbst gesammelt. Die Familie stellt den Hauswein wie auch Raki selbst her. Das macht die Preise für Speisen und Getränke moderat im Gegensatz zu den touristischen Regionen Kretas.

Thomas Müller: Außerdem – und hier gelten dann doch wieder die Gesetze der großen Märkte – ist die Anreise vor allen wegen des eingebrochenen Pauschaltourismus gerade besonders günstig. Und die Anreise ist bequem und kurz. Auch kurzfristige Anfragen können wir in der Regel mit einem attraktiven Flugangebot bedienen.

Das klingt, als würden dort, wo Ihre Partnerhotels stehen, auch bald Bettenburgen thronen.

Thomas Müller: Unsere Produkte sind für die großen Veranstalter gar nicht attraktiv. Wir schicken keine großen Gruppen in diese Hotels, sondern meist um die zwanzig Urlauber – dafür befüllen andere Veranstalter noch nicht mal den Pool. Unsere Gäste wünschen das so, sie wollen in der Gemeinschaft mit Gleichgesinnten reisen und sind offen für Begegnungen und neue Erfahrungen. Das funktioniert nur bei überschaubaren Gruppen und in kleinen Hotels, wo sich die Gruppen nicht drängeln. Deshalb hegen und pflegen wir unsere Partner, seien es Hotels, seien es Restaurants oder auch die lokalen Reiseführer, und haben viele von ihnen seit vielen Jahren unter Vertrag. Das ist nichts anderes als nachhaltiger Tourismus, der die Gegebenheiten des Landes sehr ernst nimmt und bewahrt. Und genau das ist in der Krise sehr wertvoll: Während in den Bettenburgen die Gäste fernbleiben, sind es bei unseren regional verwurzelten Angeboten aktuell gerade die Wiederholer, die sich auf die Schönheit und Gastfreundschaft Griechenlands zurückbesinnen. (SKR Studien-Kontakt-Reisen)



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