Sechs neue Schutzgebiete in internationalen Gewässern
Der WWF zieht eine gemischte Bilanz aus dem Umweltministertreffen der Nordostatlantikstaaten(OSPAR-Abkommen). Dort wurden sechs neue Schutzgebiete in internationalen Gewässern ausgewiesen – ein absolutes Novum. Daher verleiht die internationale Umweltorganisation ihre höchste Anerkennung „Geschenk an die Erde“ (Gift to the Earth), gleich zweimal: An die OSPAR-Kommission zum Schutz der Meeresumwelt im Nordostatlantik sowie an das Sekretariat des Abkommens zum Schutz des Südpolarmeeres (CCAMLR).
Beide Abkommen und ihre Vertragsstaaten hatten in diesem Jahr Meilensteine bei der Einrichtung von Schutzgebieten auf Hoher See gesetzt. Enttäuscht zeigt sich der WWF indes darüber, dass die Teilnehmer keine bindenden Beschlüsse zu Tiefseebohrungen gefasst haben.
Die Umweltminister der 15 Vertragsstaaten des OSPAR-Abkommens beschlossen die Ausweisung von sechs Hohe-See-Schutzgebieten mit einer Fläche von rund 290.000 Quadratkilometern, darunter zwei großen Abschnitten des Mittelatlantischen Rückens und vier Seebergen – inklusive Maßnahmen für deren Management. Die Ausweisung des Gebiets um den nördlich gelegenen Charlie-Gibbs-Graben mit weiteren 160.000 Quadratkilometern, in dem Island den Meeresboden für sich reklamiert, soll bis 2012 erfolgen.
In fünf der sechs Schutzgebiete auf Hoher See ist bereits jetzt der Einsatz schädlicher Bodenschleppnetze verboten, um Korallenriffe und Schwammbänke der Tiefsee zu schützen. Der WWF fordert, dort auch die Ausbeutung von Bodenschätzen zu unterlassen da diese das marine Leben in den darüber liegenden Wasserschichten beeinträchtigen. Die unterseeische Bergkette des Mittelatlantischen Rückens mit Gipfeln bis zu 3.500 Metern über dem Meeresboden und Schluchten von bis zu 4.500 Metern Tiefe gilt als artenreicher Lebensraum. „Wale, Haie und Knochenfische finden an den Seebergen reichlich Nahrung und gute Bedingungen zur Fortpflanzung – jetzt erhalten sie endlich den nötigen Schutz“, erläutert Stephan Lutter, Meeresschutzexperte des WWF.
Im Rahmen des CCAMLR-Abkommens für das Südpolarmeer wurde wenige Monate zuvor das weltweit erste Hohe-See-Schutzgebiet bei den Südlichen Orkney-Inseln mit einer Größe von 94.000 Quadratkilometer ausgewiesen und zur fischereifreien Zone erklärt. Zusätzlich verpflichteten sich die 34 Vertragsparteien, bis 2012 ein Netzwerk von Schutzgebieten im Südpolarmeer einzurichten. „Das Südpolarmeer mag auf den ersten Blick auf uns kalt und unwirtlich wirken, es handelt sich aber um eines der produktivsten und artenreichsten Ökosysteme der Ozeane“, so Lutter weiter.
Der WWF entwickelt nun weitere Vorschläge für Hohe-See-Schutzgebiete in anderen Meeresregionen und hofft, dass die jüngsten Beispiele Schule machen. Bislang stand weltweit erst knapp ein halbes Prozent der Ozeane unter Schutz – die Schutzgebiete finden sich jedoch nahezu ausschließlich in den küstennahen Gewässern. (WWF)
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