1. Dezember 2010, Stuttgart

VCD fordert Baustopp für Stuttgart 21

Als Bilanz der Schlichtungsgespräche im Konflikt um das Bahnprojekt »Stuttgart 21« fordert der ökologische Verkehrsclub VCD einen Baustopp für das Großprojekt. Schlichter Heiner Geißler hatte gestern seinen Schlichterspruch verkündet und sich dafür ausgesprochen, das Bahnprojekt mit weitreichenden Nachbesserungen als »Stuttgart 21 plus« weiterzuführen.

Michel Ziesak, VCD-Bundesvorsitzender: „Die Schlichtungsgespräche haben gezeigt, dass Stuttgart 21 weder leistungs- noch zukunftsfähig ist. Es soll nur ein neuer, aber kein besserer Bahnhof gebaut werden. Selbst mit den Nachbesserungen, auf die Heiner Geißler drängt, wird es deutschlandweit keine substanziellen Verbesserungen für den Bahnverkehr und die Bahnkunden geben. Es ist schlichtweg falsch, Geld zu verschwenden, das dann an anderer Stelle fehlt. Vordringlich müssen Projekte umgesetzt werden, die Engpässe beseitigen und neue Kapazitäten an den richtigen Stellen schaffen – Stuttgart 21 gehört nicht dazu.“

Die Schlichtung habe deutlich gemacht, dass die Alternative »Kopfbahnhof 21« bei geringeren Kosten funktioniere, geologische und sicherheitstechnische Risiken vermeide, einen kundenfreundlicheren Betrieb ermögliche und beim Klima- und Artenschutz deutlich überlegen sei. Ziesak: „Bis alle Unstimmigkeiten und Zweifel rund um die Planung von Stuttgart 21 beseitigt sind und solange die Ergebnisse des von Geißler geforderten Stresstest-Simulation für Stuttgart 21 nicht feststehen, muss es einen Bau-, Ausschreibungs- und Vergabestopp geben!“

Nach Ansicht des VCD werde die Deutsche Bahn AG (DB AG) die derzeit veranschlagten Kosten von 4,1 Milliarden Euro nicht halten können. Selbst die beauftragten Wirtschaftsprüfer würden die Kalkulation der DB AG als optimistisch und mit großen Risiken behaftet bewerten. Rechne man die im Schlichterspruch geforderten zusätzlichen Ausbaumaßnahmen und sicherheitstechnischen Nachbesserungen mit ein, schlage die derzeit bereits äußerst knapp berechnete Wirtschaftlichkeit von Stuttgart 21 vollends ins Gegenteil um.

Matthias Lieb, Vorsitzender des VCD-Landesverbandes Baden-Württemberg: „Wir sind keinesfalls grundsätzlich gegen Großprojekte. Doch angesichts von Klimawandel und knappen Kassen sollte oberste Priorität haben, mit dem vorhandenen Geld mehr Kapazitäten für die umweltfreundliche Bahn zu schaffen. *Stuttgart 21 plus* bedeutet hingegen, zusätzlich zu den ohnehin hohen Kosten für den geplanten Tiefbahnhof weitere Summen zu investieren, um im Prinzip nicht mehr als die Kapazitäten des heutigen Kopfbahnhofes zu erreichen. Um solche Fehlplanungen künftig zu vermeiden, ist transparente Planung mit frühzeitiger Bürgerbeteiligung notwendig. Dabei müssen auch Kritik, Anregungen und machbare Alternativen aufgegriffen, ernsthaft geprüft werden und dürfen nicht als lästige Störung begriffen werden.“

Stuttgart 21 dürfe nicht nur deswegen durchgedrückt werden, weil man Angst davor habe, dass sonst künftig alle Großprojekte scheitern müssten. Im Gegenteil müssten die Politiker beweisen, dass sie in der Lage seien, einmal gefasste Beschlüsse zurückzunehmen, wenn sich im Lauf der Planung herausstelle, dass das Projekt die gesetzten Ziele nicht erfülle. Nur so können sie Glaubwürdigkeit zurückgewinnen. Lieb: „Auch wenn die Landesverfassung einen Volksentscheid nicht vorsieht, kann die Landesregierung eine Bürgerbefragung durchführen und sich selbst durch Beschluss verpflichten, entsprechend dem Ergebnis des Entscheides das Projekt umzusetzen oder einzustellen.“ (VCD)



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