17. März 2011, Japan

Japan nach dem Tsunami: Satellitenbilder offenbaren Bild der Verwüstung

Das Deutsche Fernerkundungsdatenzentrum (DFD) und das Deutsche Raumfahrtkontrollzentrum (German Space Operation Center, GSOC) des DLR arbeiten weiter daran, möglichst viele Daten der beiden deutschen Radarsatelliten TerraSAR-X und TanDEM-X für die Schadensanalyse des Tsunamis in Japan bereitzustellen. Radardaten sind im Gegensatz zu den Daten optischer Satelliten unabhängig von der Bewölkung und der Tageszeit und erlauben eine präzise Bestimmung der überfluteten und zerstörten Flächen an der japanischen Ostküste.

120.000 Menschen in Küstenregion bei Sendai betroffen
„Aufgrund der Aufnahmen von TerraSAR-X lässt sich jetzt auch abschätzen, wie viele Menschen von der Tsunami-Welle betroffen sind. Für den auf der aktuellen Schadenskarte abgebildeten Küstenabschnitt bei Sendai haben wir feststellen können, dass dort vor dem Tsunami etwa 120.000 Menschen gelebt haben“, berichtet Prof. Stefan Dech, Direktor des DFD. Mitarbeiter des zum DFD gehörenden Zentrums für Satellitengestützte Krisenkommunikation (ZKI) haben dazu die Daten des Radarsatelliten mit Daten einer globalen Bevölkerungsstatistik abgeglichen.

Die Aufnahme des Erdbeobachtungssatelliten vom 12. März 2011, die am 15. März um 19:28 Uhr Mitteleuropäischer Zeit zuletzt aktualisiert wurde, zeigt die Überflutungen (blau) und die Zerstörungen (cyan), die der Tsunami in der Region Sendai verursacht hat. So fluteten die meterhohen Wellen den direkt an der Küste gelegenen Flughafen Higashi-Matsushima und den Hafen Ishinomaki und gelangten mit ihrer Wucht mehrere Kilometer ins Landesinnere hinein.

Die Infrastruktur des Hafens von Sendai selbst wurde durch den Tsunami ebenfalls schwer beschädigt. Geröll- und Schlammassen (magentafarben) haben sich nördlich des Hafens angesammelt. „Um den Schaden mit Radar-Satelliten überhaupt erst kartieren zu können, braucht man Präzisionsprodukte hinsichtlich Radiometrie und Geometrie. Dann kann man TerraSAR-X-Aufnahmen auch zu unterschiedlichen Zeitpunkten ‚übereinanderlegen‘ und die Unterschiede durch die Zerstörung des Tsunamis sehen“, berichtet Professor Richard Bamler, Direktor der DLR-Instituts für Methodik der Fernerkundung.

Das DLR stellt Daten und Ergebniskarten im Rahmen seiner Mitgliedschaft in der internationalen Charter „Space and Major Disasters“ japanischen und deutschen Organisationen – zum Beispiel dem Technischen Hilfswerk -zur Verfügung. Die Charter ist ein Zusammenschluss von Raumfahrtagenturen und Satellitenbetreibern, die im Fall von Naturkatastrophen Satellitendaten schnell und kostenlos autorisierten Nutzern zur Verfügung stellt. Das ZKI nimmt mit Unterstützung des DLR Raumfahrtmanagements die operative Umsetzung dieser Aufgabe wahr. Neben den Daten von TerraSAR-X und TanDEM-X wertet das ZKI auch Daten der deutschen optischen RapidEye- und US-amerikanischen WoldView-2 Satelliten aus.

Großflächige und objektive Erfassung der Situation
„Der Vorteil von Satellitendaten liegt in der großflächigen und objektiven Erfassung der Schadenssituation. Diese Informationen sind besonders wichtig, um die Logistik für Rettungs- und Hilfsmaßnahmen vor Ort besser koordinieren zu können“, sagt DFD-Direktor Dech. Seit 2004 war das ZKI in weltweit mehr als 100 Krisensituationen im Einsatz. Die Wissenschaftler arbeiten dabei rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche.

Für die Überwachung und Kontrolle der Radarsatelliten TerraSAR-X und TanDEM-X ist das GSOC im DLR verantwortlich. „Wir erhalten vom ZKI sehr kurzfristig bestimmte Bild-Anforderungen und programmieren die Satelliten dann entsprechend“, berichtet Professor Felix Huber, Direktor des GSOC. Normalerweise nehmen TerraSAR-X und TanDEM-X die Erde entsprechend eines 24 Stunden vorher erstellten und dann automatisch ablaufenden Planes auf.

Satelliten kurzfristig manuell umprogrammiert
„Der Tsunami und das Erdbeben in Japan haben uns aber vor die Anforderung gestellt, die Satelliten kurzfristig so umzuprogrammieren, dass die Speicherung und Abgabe von Daten nach Japan und nach Deutschland möglich war“, verdeutlicht Huber weiter. Dazu haben die GSOC-Mitarbeiter mit einem doppelten „Daten-Downlink“ gearbeitet: „Wir haben die Daten direkt von den Satelliten zur japanische Bodenstation in Okinawa gesendet. Sobald die Satelliten dann Deutschland überflogen haben, werden die gleichen Daten zusätzlich via der Bodenstation beim DLR in Neustrelitz zu anderen Nutzern – darunter das ZKI – geschickt“, fasst Huber zusammen. Die Daten konnten so schneller verfügbar gemacht werden. Dies war nur möglich, weil auch das GSOC in einem 24-Stunden/7-Tage-Schichtbetrieb besetzt ist. (DLR)



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