10. September 2011, Verkehr

Wie sieht das Flugzeug der Zukunft aus?

Wie sieht das Flugzeug der Zukunft aus? Dieser Frage gehen Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) nach. Eine mögliche Variante ist ein so genannter Blended Wing Body (BWB), also ein Flugzeug, dessen Rumpf fließend in den Flügel übergeht. Diese Flugzeuge sollen mehr Platz für Passagiere bieten, leichter sein und weniger Treibstoff verbrauchen. DLR-Wissenschaftler haben jetzt erstmals den Rumpf sowie eine Kabinengestaltung am Computer zusammengeführt und eine theoretische Grundlage für den erweiterten integrierten Flugzeugentwurf geschaffen.

Die theoretischen Berechnungen (Auslegung), in die zum Beispiel die Aerodynamik oder Aeroelastik fallen, gehen jeder Neuentwicklung in der Luftfahrt voraus. Am Computer lässt sich im Vorfeld annähernd testen, wie sich das Flugzeug „real“ verhalten wird. So werden Kosten in der Entwicklung gesenkt. „Mit einem Blended Wing Body könnten wir den Treibstoffverbrauch um rund 20 Prozent reduzieren, die Betriebskosten würden um circa 30 Prozent sinken – und das bei einer Steigerung der Antriebsleistung um bis zu 43 Prozent“, erklärt Projektleiter Prof. Dr. Volker Gollnick, Leiter der DLR-Einrichtung Lufttransportsysteme in Hamburg. Die Vorteile des Flugzeugs liegen vor allem in seiner aerodynamischen Form: Dadurch, dass nahezu das gesamte Flugzeug auch Flügel ist, verbessert sich der Auftrieb – die Triebwerke müssen weniger leisten, das Flugzeug kann leichter gebaut werden. „Dadurch, dass der Blended Wing Body ohne Leitwerk auskommt, muss er besonders aerodynamisch und flugregelungstechnisch stabilisiert werden. Geometrie und Profil sind so ausgelegt, dass das Flugzeug mit Reglerunterstützung stabil fliegen kann“, erklärt Gollnick.

Seit 2009 forscht das Team um Björn Nagel und Pier Davide Ciampa von der DLR-Einrichtung für Lufttransportsysteme an der Modellierung von Blended Wing Body-Konfigurationen im Vorentwurf. Erstmals haben die DLR-Wissenschaftler nun Kabinen- und Rumpfgestaltung sowie aerodynamische Auslegung für diese frühe Entwicklungsphase zusammengeführt. Die bisherige Forschung hatte sich jeweils auf nur einen der beiden Teile, dafür auf detaillierterer Ebene, konzentriert. „Im nächsten Schritt ist geplant, das Flugzeug zu optimieren und die notwendigen Subsysteme als Modelle zu integrieren: Klimaanlage, Hydraulik, Landeklappen – das alles werden wir jetzt angehen“, sagt Gollnick. „Es geht darum, herauszufinden, wie einfach in frühen Entwurfsphasen Entwürfe für solche unkonventionelle Konfigurationen sein können, um dennoch gute Aussagen für die weitere Entwicklung machen zu können. Das bedeutet, wir wollen über den klassischen aerodynamischen Entwurf hinaus wissen, welche Funktionen und Parameter der Struktur, der Triebwerke und der Flugzeugsysteme einschließlich der Kabine wir frühzeitig abbilden müssen, um gute Aussagen über das Gesamtflugzeug in frühen Phasen machen zu können. Aus meiner Sicht muss sich der Flugzeugentwurf von einem klassisch aerodynamischen Entwurf zu einem funktionalen Flugzeugentwurf weiter entwickeln, der Elektronikfunktionen, Kabinenfunktionen und andere von Anfang an mit berücksichtigt. Diese Elemente machen heute schon 30 Prozent des Flugzeugwerts aus und müssen daher frühzeitig mit erfasst werden.“

Die Forschungsinstitute an den verschiedenen Standorten des DLR beteiligen sich seit über zehn Jahren an nationalen und internationalen Forschungsarbeiten zum Thema „Transportflugzeuge in Nurflügelkonfiguration“. Zusammen mit den beteiligten Forschungspartnern und der Industrie wurden dabei zahlreiche Fortschritte in den verschiedenen Fachdisziplinen und im Verständnis des Gesamtsystems erzielt, die es heute erlauben, das Potential derartiger Konfigurationen realistisch einzuschätzen.

Erst vor kurzem haben DLR-Wissenschaftler die Flugeigenschaften einer solchen Konfiguration im Rahmen einer In-Flight-Simulationskampagne mit dem Flugversuchsträger ATTAS (Advanced Technologies Testing Aircraft System) in Braunschweig erfolgreich durchgeführt. (DLR)



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