10. Februar 2012, Nordsee Niedersachsen

Neue Finanzierungs- und Geschäftsmodelle für den Nordsee-Tourismus

In Zeiten knapper Werbebudgets der regionalen Tourismusorganisationen und Mittelkürzungen in den Landeshaushalten, gilt es neue Lösungsansätze für die künftige Finanzierung des Tourismus zu finden. Die Nordsee GmbH und der Tourismusverband Nordsee e. V. nahmen sich im Rahmen des diesjährigen Nordsee Tourismustags dem schwierigen und unumgänglichen Thema an. Dessen Relevanz und die hochkarätige Besetzung der geladenen Referenten machten sich in einem neuen Teilnehmerrekord bemerkbar.

Raymond Kiesbye, Aufsichtsratsvorsitzender der Nordsee GmbH, sowie Landrat Sven Ambrosy begrüßten über 170 Teilnehmer aus Tourismus und Politik im Columbia Hotel Wilhelmshaven. Oliver Melchert, Geschäftsführer der Nordsee GmbH, führte durch das Programm und lud die Gäste ein, gemeinsam den nächsten Schritt in Richtung Zukunft zu gehen. Auch der Ehrengast aus dem Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Bernd Schmidt, erinnerte in seinem Grußwort an die große Bedeutung des Tourismus als Wirtschaftsfaktor Niedersachsens und ganz besonders der Nordseeregion. Für einen dauerhaften Erfolg sei es wichtig, weiter in die Stärken der Region, bspw. den Gesundheitstourismus und das UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer – zu investieren.

Einen kompakten Einblick in das Thema „Finanzierung im Tourismus“ gab Claudia Gilles vom Deutschen Tourismusverbandes e. V.. Die Hauptgeschäftsführerin machte besonders auf die Einführung und die damit verbundenen Schwierigkeiten der Kulturförderabgabe, besser bekannt als sog. Bettensteuer, aufmerksam. Als kommunale Aufwandssteuer ohne Zweckbindung wird sie zwar noch heftig diskutiert, trotzdem seit 2010 in verschiedenen Städten eingeführt. Demgegenüber präsentierte sie zukunftsträchtige Konzeptvorschläge anderer Regionen und Städte, deren Einnahmen einer Zweckbindung unterliegen. Als besonders wichtige Faktoren benannte Gilles die Transparenz und das Mitbestimmungsrecht der Leistungsträger aber auch eine Zweckbindung bei der Mittelverwendung. „Das Problem einer zukunftssicheren Tourismusfinanzierung betrifft schon lange nicht mehr „nur“ die kommunale Ebene. Es sind Organisations- und Finanzierungskonzepte für alle drei Ebenen Ort, Region und Land gefragt“, so Gilles. Der DTV verweist dabei auch auf den Beitrag der Tourismusorganisationen zu einem effektiven Einsatz von Ressourcen. Damit baute die DTV-Hauptgeschäftsführerin eine schöne Überleitung zu den Beiträgen von Dr. Manfred Zeiner, dwif Consultig GmbH, sowie Bernhard Joachim, Geschäftsführer der Allgäu GmbH.

Beide setzen auf Kooperationen zwischen Dachorganisationen und touristischen Leistungsträgern der Regionen. Dr. Zeiner forderte in seinem Vortrag ein ortsübergreifendes Denken und erinnerte daran, dass der Begriff „Destination“ weder Landes- noch Ortsgrenzen kennt. „Gemeinsames Auftreten ist eine Notwendigkeit“, sagte Dr. Zeiner in seinem Vortrag und beschrieb den schwierigen Weg dorthin.

Die Budgetbündelung für gemeinsame Kampagnen entwickelte sich bei der Allgäu Marketing GmbH und ihren Kooperationspartner seit dem Jahr 2004 sehr positiv. Nach Beherbergungsbetrieben und Urlaubsregionen im Allgäu weiteten die süddeutschen Kollegen die Zusammenarbeit auch auf den Flughafen Allgäu Airport und die angrenzenden alpinen Regionen Tirol und Kleinwalsertal aus. Mit interessanten Anschließerkonzepten für verschiedene Themenbereiche gewann die Dachorganisation immer mehr Partner für gemeinsame Marketingmaßnahmen hinzu. In 2009 waren die Grenzen dieses Geschäftsmodells der klassischen Marketing-Kommunikations-Agentur erreicht. Als logischer Entwicklungsschritt gründete sich die Allgäu GmbH, die Gesellschaft für Standort und Tourismus. Als Destinations-Management-Organisation steuert und entwickelt die Gesellschaft Marken-, Tourismus- und Standortstrategien, um bis 2020 eine Vision zu verwirklichen: „Wir wollen Deutschlands führende alpin geprägte Gesundheits- und Wohlfühldestination werden“ so Joachim.

Einen Blick in die Zukunft der Touristinformationen wagte Thorsten Reich von der Unternehmensberatung tourism consult network. Seiner Ansicht nach werden sich die klassischen Aufgaben einer Touristinformation wie Kundengewinnung, Vertrieb und Service vor Ort dramatisch ändern. In Zeiten von Hotelbewertungsportalen, Flug- und Unterkunftssuchen, Apps, Video- und Bildplattformen, wird das selbstgedrehte Video eines Urlaubers auf YouTube plötzlich zum Kontaktpunkt für weitere Urlauber.

Die Information allein reicht schon lange nicht mehr aus. Vor allem Kommunikation und Service sollten über digitale Kanäle gewährleistet sein. Der Kunde müsse an möglichst vielen Kontaktpunkten abgeholt werden – vor, während und nach der Reise, so Reich. Auch die Leistungsträger in der Region müssen mit einbezogen und fit gemacht werden. Thorsten Reich sieht Touristinformationen und Destinationsorganisationen nicht mehr nur in der Pflicht Inhalte (für Internetseiten, Social Media Kanäle, etc.) zu erstellen und zu verwalten. Vielmehr gilt es eigene Inhalte auf verfügbaren Plattformen zu verankern sowie fremde Beiträge für den eigenen Zweck kontextbezogen zu integrieren. Ganz nach dem Motto „Tue Gutes und lasse darüber reden“.

Abschließend stellte Daniel Sukowski von Tourismuszukunft ein europaweites Pilotprojekt der Insel Juist vor. Dabei gilt es über Schnittstellen zwischen Kunden und Leistungsträgern die Kommunikation und die Interaktion zu fördern. Instrument ist dabei eine App auf dem Smartphone: Vom Fähranleger über das Hotel bis hin zu den Aktivitäten bewertet der Urlauber alle Aspekte seiner Reise. Anhand der gesammelten Daten, können die Tourismusorganisation aber auch die einzelnen Leistungsträger die Urlaubserlebnisse auswerten, um bestehende Servicelücken zu minimieren.

Sven Ambrosy und Oliver Melchert zeigten sich nach den Vorträgen sehr zufrieden. „Wir hoffen, dass wir mit den Referenten nicht nur die Problematik erläutern, sondern auch Lösungsansätze geben konnten“, sagte der Geschäftsführer der Nordsee GmbH. (Die Nordsee GmbH)



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