19. März 2015, Deutschland

Partielle Sonnenfinsternis über Deutschland

An diesem Freitag, dem 20. März, wird es zum seltenen Ereignis einer Sonnenfinsternis kommen. Allerdings wird die Sonne in Deutschland und Mitteleuropa nicht vollständig verdunkelt werden. Die „totale“ Sonnenfinsternis wird nur im Nordpolarmeer zu beobachten sein. Hierzulande wird es aber immerhin – je nach Beobachtungsort – am späten Vormittag zu einer Abdeckung von knapp 60 bis fast 80 Prozent der Sonnenscheibe kommen, also zu einer „partiellen“ Sonnenfinsternis.

Mit über zwei Stunden Dauer ist der Mond-„Kontakt“ mit der Sonne sehr lang

Bild: DLR

Diese Sonnenfinsternis über der Nordhalbkugel wird wegen des im März noch nicht sehr hohen Sonnenstands einen ungewöhnlich langen Verlauf haben. Ab etwa 9:30 Uhr MEZ (München; Berlin 9:39 Uhr) wird sich die Mondscheibe beim „ersten Kontakt“ scheinbar von Westen her über die Sonne schieben. Um 10:39 Uhr (10:47 Uhr) wird in Deutschland die maximale Bedeckung erreicht sein. In München werden das 57,7 Prozent sein, in Berlin 74,2 Prozent und in Hamburg sogar 79,2 Prozent. Einen wolkenfreien Himmel vorausgesetzt lässt sich also gut beobachten, wie sich der Mond als halbrunder „Schatten“ zwischen die Erde und die Sonnenscheibe schiebt, die dann als „Sonnensichel“ erscheint.

Damit ähnelt diese Sonnenfinsternis der letzten in Deutschland sichtbaren Eklipse vom 4. Januar 2011, aber die Sonne steht dieses Mal, am 20. März, zufällig zur Tag- und Nachtgleiche, dem astronomischen Frühlingsbeginn, deutlich höher. Und auch wenn es in Mitteleuropa nur zu einer teilweisen Verdunklung kommen wird, weil sich unsere Breiten nur im Halbschatten des Mondes befinden, werden die Auswirkungen spürbar sein, indem es zu einer leichten Verdunklung kommt. Im Idealfall kann gegen 10:45 Uhr eine Auswirkung auf die allgemeine Stimmung der Umgebung ausgemacht werden – eine fahle Beleuchtung etwa, und ganz kleine Öffnungen werfen lauter kleine Sicheln auf den Boden statt runde Sonnenbildchen.

Finsternis zu Frühlingsbeginn im Nordpolarmeer vermutlich sehr spektakulär

Bild: DLR

Viel beeindruckender ist freilich die Beobachtung der totalen Finsternis, wenn sich die Mondscheibe exakt vor die Sonnenscheibe schiebt und man sich als Beobachter in der Zone des Kernschattens des Mondes befindet. Nur dann ist von der Erde aus die Korona der Sonne zu sehen, der Strahlenkranz (lat. Corona = Krone) über der Sonnenatmosphäre mit seinen turbulenten Gaseruptionen aus vollständig ionisiertem, bis zu einigen Millionen Grad Celsius heißem Gasplasma. Wegen der Streuung der Erdatmosphäre kann dieses Phänomen von der Erdoberfläche nicht beobachtet werden, indem einfach die Sonnenscheibe durch eine kreisrunde Scheibe abgedunkelt wird. Insbesondere für unsere Vorfahren waren solche Beobachtungen von großer mythischer Bedeutung.

Interessant ist die totale Sonnenfinsternis auch unter dem Aspekt, dass sie genau am Tag des astronomischen Frühlingsbeginns und dabei gleichzeitig etwa dem Polarkreis folgend stattfindet. Das bedeutet, dass die Tausenden von „SoFi-Touristen“, die das Ereignis auf Schiffen vor Island und auf den Färöerinseln oder Spitzbergen verfolgen, die Sonne nur ganz knapp über dem Horizont werden beobachten können.

Bild: DLR

Die Bilder einer Sonnenkorona unmittelbar über dem Erdhorizont in den vielfach verfügbaren Livestreams und auf den Fotos, die von diesen Beobachtungsorten gemacht werden, dürften ausgesprochen spektakulär und vor allem einmalig sein, weil sie früher technisch so noch nicht möglich waren. Allerdings müssen die Fotografen schnell sein: Denn die Totalität dauert nur etwa zwei Minuten. Der Kernschatten des Mondes rast mit mehreren hundert Kilometer pro Stunde über die Nordhalbkugel. Die längste Verfinsterung wird bei 64,28º nördlicher Breite und 6,9º westlicher Länge, also etwa 300 km südsüdöstlich der Ostküste von Island stattfinden.

Die nächste totale Sonnenfinsternis in Deutschland wird sich erst 2081 ereignen
Sonnenfinsternisse sind sehr rare Ereignisse. Die letzte totale Sonnenfinsternis in Mitteleuropa zog am 20. August 1999 über Süddeutschland. Die nächste Finsternis mit einer ähnlich starken Bedeckung der Sonne findet erst im Jahr 2026 statt, die nächste totale Finsternis in Mitteleuropa sogar erst wieder 3. September 2081!

Damit eine totale Sonnenfinsternis stattfinden kann, müssen zwei, eigentlich sogar drei astronomische Parameter gegeben sein. Zunächst muss Neumond sein. Die zweite Bedingung, die erfüllt sein muss, ist, dass sich der Neumond in einem der beiden „Knoten“ seiner leicht gegenüber der Erde geneigten Bahn um unseren Planeten befindet. Knoten bedeutet hier, dass die Bahn des Mondes um die Erde, die einen Winkel von etwa fünf Grad gegenüber der Bahn der Erde um die Sonne bildet, an zwei Punkten – an den Knoten – durch eine gedachte Ebene „sticht“, die durch die Erdumlaufbahn beschrieben wird: die so genannte Ekliptik. Dann stehen die Mittelpunkte von Sonne, Mond und Erde exakt oder nahezu exakt auf einer Linie. Das erklärt, dass sich nicht bei jedem Neumond eine Sonnenfinsternis ereignet. Nur, wenn Neumond gerade an einem der beiden Knoten stattfindet, kann der spitzkegelige Schatten des Mondes auch auf die Erdoberfläche treffen.

Und schließlich muss der kleine Mond mit seinen 3.476 Kilometern Durchmesser scheinbar größer sein als die Sonne mit ihren 1,4 Millionen Kilometern Durchmesser: Befindet sich der Mond an seinem erdfernsten Punkt von 406.000 Kilometern Distanz, kommt es nur zu einer ringförmigen Finsternis; bei der durchschnittlichen Mondentfernungen von 383.000 bis zur Minimalentfernung von 363.000 Kilometern von der Erde ist die Finsternis jedoch perfekt.

Astronomischer Zufall: Sonne und Mond mit scheinbar gleichem Durchmesser
Dass der kleine Mond die große Sonne bedecken kann, ist übrigens ein astronomischer Zufall: Sein Durchmesser ist zwar 400 mal kleiner als der der Sonne – gleichzeitig ist die Sonne aber 400 mal weiter von der Erde entfernt, als der Mond, nämlich etwa 150 Millionen Kilometer vom Erde-Mond-System. In ferner Zukunft werden unsere Nachfahren das Spektakel einer Korona nicht mehr beobachten können. Denn der Mond entfernt sich mit etwa 3,8 Zentimetern pro Jahr von der Erde. Es ist also ein außergewöhnlich glücklicher astronomischer Umstand, dass der Mond für mehrere tausend Generationen der Menschheitsgeschichte die Erde genau in der Entfernung umkreist, die eine „passgenaue“ Bedeckung der Sonnenscheibe erlaubt. (DLR)



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