Nordic Walking in Serfaus-Fiss-Ladis

„121 Kilometer Hochgenuss“ – das sind bislang 121 Kilometer ausgewiesener Nordic-Walking-Strecken in allen Schwierigkeitsgraden. Die orientieren sich an der Einordnung der Skipisten: blau, rot und schwarz für eben, mittel und steil. 2,7 Kilometer lang und blau sind die kürzesten der 19 Routen, die längsten 12,1 und schwarz. Tiefschwarz, hoch und steil.

Alle Strecken gehen in einem der drei Dörfer auf dem Hochplateau los und führen in die Berge – sanft ansteigend oder Schweiß treibend steil. „Da ist für jeden etwas dabei“, sagt Trainer Gregor. Der junge Serfauser oder sein Kollege Richard führen zwei Mal pro Woche die Gäste in die Kunst der Koordinierung von Füßen und Stöcken ein. „Schwierig ist das nicht – aber man sollte das Denken gar nicht erst anfangen“, sagt Gregor mit einem Augenzwinkern.

Denn die Bewegung, die es zum Nordic Walking braucht, ist eine ganz natürliche. Die Arme werden zu den Schritten gegengleich geschwungen – diese Bewegung macht jeder Mensch ganz automatisch, sobald er einen Fuß vor den anderen setzt. Dann kommt es nur noch darauf an, den Stock schräg zum Boden zu halten und sich mit ihm vom Untergrund abzustoßen. „Nordic Walking ist ein Ganzkörpertraining, das die körperliche Fitness und die Ausdauer verbessert“, erläutert Gregor. Aber nicht nur die Muskeln werden trainiert, sondern auch Kraft, Beweglichkeit und Koordination.

90 Prozent aller Muskeln nimmt das alpine Gehen in Anspruch, das seinen Ursprung bei den Wintersportlern Skandinaviens hat. Weil die Langläufer und Biathleten im Sommer nicht auf Skiern trainieren können, simulieren sie mit den Stöcken den Bewegungsablauf, der im Winter für sie so wichtig ist. „Allerdings machen sie das in verschärfter Form: mit Gewichten an den Stöcken und im Marschtempo“, sagt Gregor.

Davor braucht sich in Serfaus, Fiss und Ladis niemand zu fürchten. Weder beim ersten Üben noch bei den Touren in den Bergen. In Serfaus gibt es Einführungen von Mai bis Oktober, in Fiss und Ladis sogar ganzjährig. „Wichtig ist, dass man das Gehen ordentlich lernt“, sagt Gregor. Die Feinheiten kommen dann beim regelmäßigen Training. Hilfreich sind die großen gelben Tafeln, die entlang der Strecken angebracht sind. Sie zeigen Technik-Tricks sowie Dehn- und Kräftigungsübungen mit den Carbonstöcken.

„Wer die Berge und die Höhe nicht gewohnt ist, lässt es langsam angehen“, rät Gregor und damit zu einer blauen Strecke. Der Körper gewöhnt sich schnell an die fremden, aber sehr gesunden Außenbedingungen. Er tankt auf und reagiert auf das sanfte Höhentraining – der Effekt ist derselbe, den Leistungssportler in ihren Trainingscamps in den Bergen suchen.

Die Routen auf dem Hochplateau tragen keine wohlklingenden, aber für Gäste schwer zu merkenden Namen. Sie sind ganz praktisch benannt mit dem Anfangsbuchstaben des Ortes, in dem sie losgehen – also „L“ für Ladis, „F“ für Fiss und „S“ für Serfaus. Führen die Touren durch zwei Orte, finden sich die jeweiligen Buchstabenkombinationen auf den gelben Schildern, die den Nordic Fitness Parc ausweisen – so steht „SF 1″ etwa ist die Waldweg-Route von Serfaus nach Fissss.

Alle Routen führen durch die idyllische Berglandschaft. Wo im Winter die Skifahrer die Hänge hinuntersausen, strahlen im Sommer-Sonnenlicht saftige grüne Wiesen. Bunte Kräuter und Blumen leuchten mit der Sonne um die Wette, die Kühe weiden auf den Almen rund um die drei Tiroler Bergdörfer, die mit Serfaus-Fiss-Ladis eine einheitliche Region bilden. Über die Höhenwege geht es mit den alpinen Gehstöcken ebenso wie durch den Wald, über Wurzeln, Stock und Stein.

Wer sich für die anspruchsvolleren Touren im Wald entscheidet oder dafür, einen der rund 500 Kilometer ausgeschilderten Wanderwege kurzerhand zum Walking-Parcours umzufunktionieren, tut gut daran, knöchelhohe Schuhe zu schnüren. Während für das Walken auf ebenen Schotter- oder Asphaltstrecken gut gedämpfte Lauf- oder leichte Wanderschuhe die beste Ausrüstung sind, können die Sprunggelenke zwischen den Wurzeln etwas mehr Halt gebrauchen.

Das Training etwa auf der Bifang-Route oder anderen, die zum Komperdell oder dem Schönjoch hinaufgehen, bietet bei schönem Wetter eine grandiose Aussicht. Und wer mit den Stöcken nicht allzu viel Krach macht und genau hinschaut, entdeckt vielleicht sogar ein neugieriges Murmeltier – oder das Spektakel, den Steinadler im Sturzflug auf sein Mittagessen zufliegen zu sehen.