14. Mai 2008, Reisereportagen

Gärten und Gartenkultur in England

Es war ein verregnetes Jahr, das Jahr 2007, und doch frohlockte man in den Cotswolds, denn „The Cotswolds Year of the Garden“ war ein Riesenerfolg und erfuhr sehr viel Aufmerksamkeit. In diesem Jahr muss die Grafschaft Cheshire beweisen, dass ihre Gärten eine ebenso hohe Anziehungskraft haben wie die Anlagen im Süden Englands. Das dürfte der Region im Nordwesten wohl nicht allzu schwer fallen, denn dort sind mehr Gärten im Verhältnis zur Bevölkerung für die Öffentlichkeit zugänglich als in jedem anderen Landesteil im gesamten Königreich. Auf einer Rundreise durch England erschließt sich die ganze Vielfalt der Gärten, majestätische Parks mit den dazu gehörigen prunkvollen Herrenhäusern, wilde Gärten, in denen heimische und exotische Pflanzen zu finden sind oder liebevoll gepflegte Privatgärten, die Besuchern nur zu bestimmten Zeiten offen stehen. Hier eine Wahl zu treffen wird schwerfallen, denn Gärten in England verzaubern jeden.

In Cheshire bedeutet das Year of the Gardens keineswegs, dass man nur Blümchen oder besondere Gewächse kennen lernen und bewundern kann, um das Festival ranken sich allerlei Veranstaltungen. Im Tatton Park, der wohl bekanntesten Anlage der Region findet von Mai bis September die Tatton Park Biennale statt, bei der eigens für dieses Ereignis hergestellte Kunstwerke von namhaften Künstlern im Park ausgestellt werden. Alle Werke stehen in Zusammenhang zur Natur, den Anpflanzungen im Park und natürlich zur globalen Klimaveränderung. Daneben wird es Workshops, Lesungen, Filme, Vorführungen und Führungen geben.

Das Gelände des Zoos in Chester ist mit 44 ha so groß, dass Besucher eingeladen sind, den Tiergarten mit dem Fahrrad zu erkunden. Die Ness Botanical Garden verwandeln sich den Sommermonaten zu einem Freiluft-Konzertsaal, in dem man nicht nur dem Summen der Bienen lauschen kann, sondern klassischen Konzerten, wie zum Beispiel passender weise den „Vier Jahreszeiten“ oder das Treiben der „Lustigen Weiber von Windsor“ verfolgen kann. England wäre aber nicht England, gäbe es bei den Feierlichkeiten nicht auch einen „Quirky Event“. Im Oktober finden in Arley Hall die Kürbisspiele statt. Hier werden die besten, schönsten und größten, aber auch die hässlichsten Kürbisse prämiert.

Wie in jedem Jahr können auch 2008 im Rahmen des „National Gardens Scheme“ zahlreiche Privatgärten besucht werden. Besucher sollten vor ihrer Reise auf die Webseite vom National Gardens Scheme www.ngs.org.uk schauen, wo sie erfahren, welche Gärten auf ihrer Reiseroute gerade geöffnet sind und wie die Briten es schaffen, ihre Gärten so zauberhaft zu gestalten. Zu sehen sind kleine Schrebergärten, bunt bepflanzte Vorgärten, liebevoll arrangierte Blumenbeete oder sogar Wassergärten. Einen solchen kann man am 27. Juli in London in der 31 Mill Street nahe der Tower Bridge besuchen. Auf kleinen Booten, die durch Brücken und Stege mit einander verbunden sind, sind verschiedene Blumenarrangements zu bewundern.

Es gibt aber nicht nur fertige Gärten zu bestaunen, in Falmouth in Cornwall kann man der Entstehung einer neuen Gartenanlage beiwohnen. Godolphin House stammt aus dem Mittelalter, die Anlage wurde lange Zeit vernachlässigt. Das hatte zur Folge, dass viele der Gartenelemente – Terrassen, Abteile und Wege – wie sie im Mittelalter schick waren, noch erhalten sind. Der National Trust, der das Areal letztes Jahr übernommen hat, möchte gerade diese Elemente bewahren und restauriert sie derzeit.
Die Grafschaft Devon erwartet im Juli die Neueröffnung der Torrey Abbey in Torquay. Nach einer dreijährigen, rund neun Millionen Euro teuren Restaurierung, erstrahlt die größte noch aus dem Mittelalter erhaltene Abtei in neuem Glanz. Die damaligen Mönche pflanzten in den Gärten Kräuter, Gemüse und Heilpflanzen an und nutzten weite Teile auch als Obstgarten.

Ganz neu dagegen ist ein interaktiver Hainbuchen-Irrgarten in der für rund 130 Millionen Euro restaurierten Gartenanlage von Trentham in Staffordshire. Der Weg zum Grashügel in der Mitte führt durch unzählige Windungen. In den Büschen sind Sprachrohre eingebaut, durch die man geheime Botschaften flüstern kann – sicherlich ein Spaß nicht nur für Kinder.

Ein grünes Projekt der besonderen Art erwartet die Besucher von Manchester. Eingefleischte Stadtmenschen sind angehalten, ihren grünen Daumen zu beweisen. Von April bis September zeigt das Ausstellungszentrum Urbis, wie man eine Stadt grün machen kann. Von vernachlässigten kleinen Gassen bis hin zu Hochhausblöcken, grünes Denken und Handeln kann aus Stadtraum grüne Oasen machen. Wenn man nicht selbst Hand anlegen will, kann man sich Tipps holen, wie man seine eigene Stadt vergrünen kann.

Wie sehr die Engländer ihre Gärten lieben, lässt sich auch daran ablesen, wie viel Geld den Anlagen zufließt. So erhält Great Dixter im südenglischen Sussex eine Subvention aus Lotterieeinnahmen von rund 5 Millionen Pfund, um eines der größten noch erhaltenen Fachwerkhäuser zusammen mit den Fachwerksälen sowie die zauberhafte Gartenanlage zu erhalten. Great Dixter gilt schon seit je her als Inspiration für Berufs- wie Hobbygärtner.

Auch die englische Denkmalschutz Organisation English Heritage hat sich größeren Restaurationsprojekten von Gärten verschrieben. In West London sollen die Chiswick House Gardens wieder ihren alten Glanz erhalten. Dafür werden 1.600 Bäume neu gepflanzt, viele Wege wieder begehbar gemacht und die Gewächshäuser restauriert, in denen sich eine seltene Kameliensammlung befindet. Am eher unbekannten Witley Court in der Grafschaft Worcestershire wird in Kürze mit der Restaurierung der Ostparterre begonnen, die mit seinen exakt geschnittenen Hecken, den sprichwörtlichen „englischen Rasenstücken“ und den schillernden Blumenbeeten die Wirkung der eindrucksvollen Springbrunnenanlage noch unterstützen. Im mittelenglischen Warwickshire wird momentan an der Restaurierung der Gärten von Kenilworth Castle gearbeitet, das seinerzeit von Robert Dudley, dem Earl von Leicester und einstigem Liebhaber von Königin Elisabeth I., erbaut wurde. Das Projekt soll im nächsten Jahr abgeschlossen sein und der Garten Besuchern wieder voll zugänglich sein.

Wer mehr über die Gartenschätze in England erfahren möchte, sollte die Webseiten des National Gardens Scheme, von Visit England, dem National Trust oder English Heritage besuchen. (Visit Britain)



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