30. Oktober 2009, Côte d’Azur

Weihnachten in der südfranzösischen Provence

Weihnachtstraditionen haben sich in der Provence wie nirgendwo anders erhalten und Brauchtum wird im familiären Leben wie einst ausgelebt. Die heilige Zeit fängt am 4. Dezember mit Sankt Barbara an und endet am Tag der Drei Könige am 6. Januar. Da lebt die provenzalische Kultur mit Krippen, Santons, Mitternachtsmessen auf provenzalisch, Gesängen und Hirtenspielen auf.Vorbereitungen und Advent
Am Tag der heiligen Barbara werden in drei kleinen Schalen Weizenkörner auf getränkte Watte gesät und an einem warmen Ort aufbewahrt. Diese dienen am Weihnachtsabend mit einem roten Band als Tischdekoration und sind ein Symbol für die Ernte und Prosperität des nächsten Jahres. Die drei Schalen stehen für die Dreifaltigkeit und je höher der Weizen wächst, desto besser fällt die nächste Ernte aus.
Auch wenn die Weihnachtsmärkte in der Provence weniger zur Tradition gehören, mittlerweile sind auch sie ein Anlass, der von vielen ungeduldig erwartet wird. Im Monat Dezember stellt man in provenzalischen Städten und Dörfern Marktstände und Hütten auf. Hier kauft man die Accessoires für den Weihnachtsabend und die kommende Zeit wie z.B. die typischen Krippenfiguren der Provence, die man eher unter dem Begriff „Santons“ kennt.
Das Krippenbrauchtum in der Provence ist das Resultat der französischen Revolution. 1792 hat die revolutionäre Regierung jede religiöse Veranstaltung verboten und die Kirchen, wo man einst die Krippen aufstellte, blieben an Weihnachten geschlossen. Wie überall auf der Welt hingen auch die Provenzalen am Weihnachtsfest und den Traditionen. So haben die Provenzalen den Stall von Bethlehem eigens angefertigt und ihn mit gebastelten Figuren ausgestattet. Allerdings baute man als Tarnung ein provenzalisches Dorf auf. Die darin „versteckte“ heilige Familie ist biblisch gekleidet, jedoch die gabenbringenden Dorfbewohner – vor allem Vertreter des traditionellen Handwerks wie der Bäcker, der Müller, der Schäfer, der Weinbauer oder die Fischersfrau – sind in der jeweils ortstypischen Bekleidung der Region.
Aus der Notlösung wurde eine Tradition und schon 1803 fand der erste Santons-Markt in Marseille statt. Zum Schutz der echten „Santons“ der Provence hat man Normen entwickelt, sowie in einer Qualitäts-Charta Kriterien für einen echten und würdigen Santon festgehalten.

„Cacho fio“ oder Feuer ans Holz legen…
Der Höhepunkt ist das „Gros Souper“ vor der Mitternachtsmesse. Die ganze Familie versammelt sich meist bei den Großeltern. Man beginnt mit dem traditionellen Anzünden des Holzscheits, auf provenzalisch „cacho fio“. Das Holz muss von einem Obstbaum stammen und wird von einem Verwandten mitgebracht. Bevor man das Scheit anzündet, tragen es der Älteste und der Jüngste der Familie dreimal um den Tisch, besprengen es dreimal mit Wein und zünden es an. Damit wird das Kommen des Christkindes und die Wintersonnenwende angekündigt.
Dann folgt das „Gros Souper“, das Abendessen. Dieses besteht aus sieben Gängen, die die sieben Sakramente symbolisieren. Die verschiedenen Gänge können je nach Region variieren, aber sind meistens Artischocken, Schnecken, Stockfisch, Meeräsche, Sellerie, Kichererbsen und Käse. Im bergigen Hinterland ersetzt man den Fisch durch eine Art Lasagne. Auf das fleischlose Menü folgen die 13 Desserts (les treizes desserts): Trockenfrüchte, Nüsse, frisches Obst, weißer und schwarzer Nougat, Calissons – eine Spezialität der Provence, Geléefrüchte und die „Pompe à l’huile“ eine Art Hefekuchen.
Interessant ist auch die Tischgestaltung. Auf einer Schicht aus drei weißen Tischtüchern liegen die Schälchen mit Barbara-Weizen und drei Kerzenhalter, die die Dreifaltigkeit symbolisieren. Dreizehn Brötchen, die das Abendessen begleiten, stehen, wie die dreizehn Desserts, für die 12 Apostel und Christus.
Die Mitternachtsmesse ist zweifelslos eines der bekanntesten Brauchtümer rund um die provenzalische Weihnacht. Hier ist das Lamm der Star. Die Wintersonnenwende ist die Zeit des Lammens. Deshalb sollte man sich nicht wundern, wenn an der Mitternachtsmesse auch ein Lamm teilnimmt. In einer Bevölkerung, die hauptsächlich von der Schafzucht lebte, ist das relativ normal. In der Hirtenzeremonie in Les Baux nehmen Schäfer und Schäferinnen an der Prozession teil. Der Priester nimmt das jüngste Lamm vor dem Altar in seine Arme, erzählt von seinem Weg, den es mit der Herde zurücklegte und weiht es dann. Die sogenannte „Pastrage“ stammt aus den heidnischen Bräuchen für die Fruchtbarkeit und steht nun symbolisch für die Erneuerung der Natur.
Die „Pastorale“ oder das Hirtenspiel gehört ursprünglich auch zur Mitternachtsmesse. Als echte Mysterienspiele hat man sie als Teil der Messe in der Kirche aufgeführt, später jedoch aus der Kirche verbannt. Die Pastorale haben meist die Geschichte der heiligen Familie zum Thema und sind oft in Provenzalisch gesprochen.

Mit den Heiligen Drei Königen endet die Weihnachtszeit. Die Figuren der Könige stellt man erst am 6. Januar in die Krippe. Wobei viele nicht warten können und sie direkt hinstellen, dafür aber jeden Tag ein bisschen näher zur Krippe rücken.
An diesem Tag darf natürlich auch der Königskuchen oder die „Galette des Rois“ nicht fehlen. Im Kuchen ist eine Bohne oder ein Porzellankönig versteckt. Wer diesen in seinem Stück findet, ist der König des Tages und muss einen neuen Kuchen kaufen. Dies erlaubt, die heilige Zeit um ein paar Tage zu verlängern. Manchmal sogar den ganzen Januar bis Mariä Lichtmess Anfang Februar. Dann erwacht in der Provence schon bald wieder der Frühling! (Provence-Alpes-Côte d’Azur Tourismus)



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