1. Dezember 2009, Budapest

Relikt des Sozialismus: das Budapester Felsenhospital

Was verbirgt sich nicht alles in den Hügeln des UNESCO-geschützten Budaer Burgbergs: Das Budapester Felsenhospital und der Atombunker etwa gewähren dort seit März 2008 einen aufschlussreichen Einblick in die politischen Geheimniskrämereien des sozialistischen Regimes – und versprechen eine ganz eigentümliche Zeitreise beim Museumsbesuch.

Die geheimen Räume der Höhle haben eine wechselhafte Geschichte erlebt. Jahrhunderte lang dienten sie als einfache Weinkeller, zu Zeiten der türkischen Herrschaft wurden hier die Frauen aus dem Harem versteckt. Die Entscheidung, in den Höhlengängen ein Militärkrankenhaus einzurichten, fiel erst 1938. Die Bauarbeiten dauerten fünf Jahre lang, so dass Teile des János-Krankenhauses 1944 einziehen konnte – genau rechtzeitig, um die im Kampf mit der Roten Armee verwundeten ungarischen Soldaten relativ geschützt versorgen zu können. Obwohl nur für etwa 300 Patienten gebaut, musste das Felsenhospital teilweise bis zu 600 Verletzten Platz bieten. In den engen Gängen bekommt man eine Ahnung, wie bedrückend damals die Stimmung gewesen sein muss: Unter der Erde, ohne Wasser und Frisch-Luft. Verwendung fand es dann 1956 wieder: Der Arzt András Snétberger, der im Krieg im Felsenhospital gearbeitet hatte, versorgte hier die verletzten Revolutionäre.

In den 1960er Jahren wurde die gesamte Ausstattung modernisiert und auf einen eventuellen Anschlag mit Nuklear- oder chemischen Waffen vorbereitet; die Geschichte als Phantomkrankenhaus und Atombunker begann. Die Räume wurden ausgebaut, mit Wasser, Elektrizität, Öl und Luft versorgt – für den Fall des Super-GAUs und unter höchster Geheimhaltung. Für die Betreuung stellte der Staat sogar Hausmeisterfamilien an, die das gesamte Zubehör instand halten sollten – so wurde zweiwöchentlich die gesamte Anlage geputzt, Betten neu bezogen, frische Handtücher zurechtgelegt. Der Hausmeister lüftete die Anlage alle zwei Tage, und auch die Ärzte mussten regelmäßig zu Übungen erscheinen.

Das heutige, 2.000 Quadratmeter umfassende Museum im Felsenkrankenhaus zeigt die vielleicht spannendsten Details der vergangenen 70 Jahre: Es gibt künstliches Blut, Gasmasken, Sirenen und 95 Wachspuppen in den Betten, am Herd, am Spülbecken, im Telefonistenraum und in den Behandlungsräumen. Das Felsenkrankenhaus ist täglich außer montags von 10.00 bis 20.00 Uhr geöffnet, letzter Einlass ist um 19.00 Uhr. Es kann nur mittels einer Führung besucht werden, diese beginnen zu jeder vollen Stunde. Die einstündige „volle Tour“ ist die beliebteste und kostet 3.000 Forint (etwa elf Euro) für Erwachsene, Kinder die Hälfte. Jeden Sonntag ist Familientag, dann kostet das Familienticket für zwei Erwachsene und bis zu vier Kinder nur 5.000 statt 7.000 Forint (knapp 19 statt über 26 Euro). Gruppen ab zehn Personen sollten sich voranmelden.

Mehr zum Felsenkrankenhaus unter www.sziklakorhaz.hu auch auf Deutsch. (Ungarisches Tourismusamt)



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