26. September 2010, Katalonien

Modernistischen Gräber und Mausoleen in Katalonien

„Verachte nicht den Tod, sondern befreunde dich mit ihm, da auch er eines von den Dingen ist, die die Natur will.“ Diesen Ratschlag von Marc Aurel kann man besonders gut auf einigen Friedhöfen in Katalonien beherzigen, die durch die modernistische Gestaltung der Grabstätten einen besonderen Reiz ausüben. Der Modernismus ist eine künstlerische Bewegung, die sich in Europa zwischen 1880 und 1930 als direkte Folge der industriellen Revolution entwickelte. Die damit einhergehenden Erfindungen wie die Eisenbahn, die Elektrizität oder die Dampfmaschine veränderten die europäische Gesellschaft des späten neunzehnten Jahrhunderts radikal.

Der Modernismus war sehr stark in Ländern wie Frankreich, England, Deutschland, Tschechien, Österreich und Belgien vertreten. In Spanien hatte der Modernismus vor allem in Barcelona und Umgebung großen Einfluss, da Katalonien zu dieser Zeit eine der wenigen industriell entwickelten Regionen Spaniens war und die katalanische Textilindustrie im Ersten Weltkrieg eine wichtige Rolle spielte. Dies war die Voraussetzung für die Entstehung einer kultivierten industriellen Bourgeoisie, die sich des Modernismus nationaler Prägung als Form des kulturellen Ausdrucks bediente.

Die Ideen von Ruskin, Violet-le-Duc, die ästhetischen Theorien von William Morris, Crane oder Mackintosh dienten als Grundlage für die Erneuerung künstlerischer Konzepte, die sich in der Rückkehr zur Natur und den damit verbundenen Formen manifestierte. Architekten und Bildhauer verwandten Blätter, Blumen, Vögel und Wellen als dekoratives Ornament. Der Katalanische Modernismus zeigte sich in seiner absoluten Ausdrucksfreiheit und vom Korsett der akademischen Kunst befreit.

Die großen katalanischen bürgerlichen Familien beauftragten Architekten wie Gaudi, Domenech y Muntaner, Puig y Cadafal mit dem Bau prächtiger Villen. Sie gaben aber auch den Auftrag, neben Kellereien, Fabriken, Märkten, Cafés und Restaurants große, spektakuläre Gräber zu errichten, die ihren Übergang ins Jenseits dokumentieren sollten. Auf manchen Friedhöfen in Katalonien sind diese modernistischen Formen der Grabkunst zu sehen, wie beispielsweise auf dem Friedhof von Lloret de Mar, der 1901 eingeweiht und wie ein Museum gestaltet wurde. Dort lässt sich ein ganzes Repertoire von Grabstätten bewundern, die von katalanischen Architekten und Künstlern wie Puig y Cadafal, Artigas und Gallissá entworfen wurden.

Der außergewöhnliche Friedhof von Olius in der Provinz Lleida wurde von Bernardo Martorell y Puig geplant, der stark von Antonio Gaudí beeinflusst war. Die Gräber sind in eine Landschaft aus umgestürzten Felsen und immergrünen Eichen eingebettet, die das ewige „Stirb und Werde“ symbolisieren.

Der Friedhof von Sinera in Areyns de Mar liegt auf dem Hügel „Piedad“, von wo aus sich ein herrlicher Blick über das Mittelmeer erstreckt. Die Liebhaber des Modernismus werden überrascht sein, wenn sie in dieser Oase der Stille die überwältigende Grabstelle der Familie Bosch oder die Grabskulpturen im Pantheon der Messegue entdecken.

Auch der Friedhof von Sitges, ein traditioneller Urlaubsort für die katalanische Bourgeoisie, ist aufgrund seiner Empfindsamkeit ausstrahlenden Grabskulpturen von großem Interesse. In Sitges liegen u.a. Antoni Serra, Robert Manuel und Robert Camps begraben.

Die Engel, die die modernistischen Gräber und Mausoleen in Katalonien schmücken, verdienen es, bewundert zu werden. Einige der Figuren spiegeln Trauer, Schmerz und Wehmut wieder, andere zeigen Heiterkeit. Aber alle vermitteln das Gefühl von Zeitlosigkeit. Auch auf den Friedhöfen von Montjuic in Barcelona, Canet de Mar und Figueres sind modernistische Grabstellen zu sehen. (Tourspain)



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