1. August 2010, Virginia, Washington D.C.

Thomas Jefferson und die Hochheimer Weinreben

Thomas Jefferson war ein vielseitiger Mann. Zu seinen herausragenden Verdiensten gehört die dritte Präsidentschaft der Vereinigten Staaten vom Amerika von 1801 bis 1809. Jefferson gilt als einer der einflussreichsten Staatstheoretiker der USA und maßgeblicher Verfasser der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung. Er gründete die Demokratisch-Republikanische Partei, ging als „Vater der Universität von Virginia“ in das amerikanische Bildungswesen ein und setzte als Architekt neue Maßstäbe, so unter anderem mit seinem zauberhaften Wohnsitz Monticello, heute ein UNESCO Welterbe.

Und – jetzt kommt der Wein ins Spiel – das in Virginia geborene und in Virginia gestorbene amerikanische Multitalent lernte in Europa, wo Jefferson in Paris als Diplomat stationiert war, auf Reisen den Riesling, die Auslese, den Spätburgunder und andere namhafte Produkte kennen und lieben – besonders auch in Deutschland. Einzelheiten zu Besuchen und die Folgen für den Weinanbau in den USA sind überliefert.

Ein Hoch auf den „Hock“ vom Rheingau
Besonders angetan war Jefferson unter anderem vom Rheingau, wo er Bekanntschaft mit dem Weinhändler John Adam Dick & Sohn in der Nähe von Frankfurt machte, in dessen Keller bis zu 500.000 Weinflaschen lagerten. „You may taste at their tavern genuine Hock, and one of the oldest“, soll Jefferson gesagt haben, wobei die Bezeichnung „Hock“ von dem Namen der Weinregion Hochheim abgeleitet ist. Ein Ausdruck, mit der auch die englische Königin Victoria den Wein adelte, als sie seinerzeit nach einem Besuch Hochheims in ihrem Heimatland mit dem Worten „A Hock keeps off the doc“ den Hochheimer populär machte. Jefferson blieb vier Tage im Rothen House des John Adam Dick & Sohn, ließ sich die Weinberge von Hochheim, Johannisberg und Rüdesheim zeigen und lobte die „very first quality“ der Weine. Dicks Weinliste enthielt Jahrgänge von 1726 bis 1783, und so genoss der damalige Diplomat mit seinem Freund Baron de Geismar auch einen 62 Jahre alten Hochheimer, so niedergeschrieben in dem Buch „Passions: The wine and travels of Thomas Jefferson“ von James Gabler und James M. Gabler.

Gäste aus den USA anno 2010: Begeisterung für den „Hock“ lebt fort
Dass auch bei heutigen Besuchern aus Amerika der „Hock“ und andere Weine aus der Gegend beliebt sind, zeigt sich bei Reisen im Rahmen der Kreispartnerschaft zwischen dem Main-Taunus-Kreis (MTK) und Loudoun County, Virginia. Abstecher zu Hochheimer Weingütern sind fester Bestandteil von Programmen für die Gäste aus dem Partnerkreis der Capital Region, mit dem der MTK seit 2006 verschwistert ist. Jeffersons Landsleute sind mehr als 200 Jahre später von den edlen Tropfen ebenso begeistert wie ihr früherer Präsident.

100 Weinreben aus Hochheim für Virginia
Doch nun wieder zurück zu Jefferson. Der US-Präsident in spe machte nach echter Jefferson-Manier nicht nur in der amerikanischen Politik, sondern auch in Sachen Wein Nägel mit Köpfen – wie er es mit allen Dingen tat, die ihm wichtig erschienen. Bevor er am 10. April 1788 Hoch-heim verließ, erwarb er 100 Weinstöcke für seinen Pariser Garten – ganz offensichtlich in der Absicht, sie später nach Monticello in Virginia zu überführen, denn Jefferson schrieb aus Paris an seinen Freund Geismar, dass seine Deutschland-Reise erfolgreich gewesen sei, dass die Reben aus Hochheim und Rüdesheim in seinem Garten gediehen und er die Absicht habe, sie im nächsten Winter über den Atlantik zu verschiffen. „Und“, so fuhr er fort „wenn du jemals Monticello wieder besuchen solltest, werde ich in der Lage sein, dir ein Glas Hock oder Rudesheim aus eigener Produktion zu geben.“

Ob eben diese Weinreben tatsächlich nach Virginia überführt wurden, daran scheiden sich die Geister. Denn als Jefferson im September 1789 zu einem sechsmonatigen Urlaub in Amerika aufbrach, war es eine Reise ohne Wiederkehr. George Washington ernannte Jefferson zum Außenminister der Vereinigten Staaten. In Biografien wird behauptet, dass Jefferson begann, nach seiner Rückkehr aus Frankreich in Monticello Wein anzubauen und auch von der Verschiffung zahlreicher Weingebinde von Frankreich in die USA ist die Rede. Aber erst am Ende seiner zweiten Amtszeit als Präsident im März 1809 konnte sich Jefferson wieder völlig dem Ausbau seines Heims und seiner Gärten widmen. In heutigen Wein-Glossaren wird Monticello als Weingut geführt.

Deutsche Wurzeln: Jefferson und der Wein
Dass Jeffersons weit verzweigte persönliche Wurzeln zum Teil deutschen Landen entsprungen sind ist eine unumstößliche Tatsache: Zu seinen Vorfahren gehört mütterlicherseits der Augsburger Täufermärtyrer Eitelhans Langenmantel (1480 – 1528). Als sicher anzusehen ist auch, dass die hervorragenden Weine der vielen Weingüter in den lieblichen Hügeln Virginias nicht zuletzt auf deutsche Anbaugebiete wie der Rheingau und das Engagement Thomas Jefferson zurückzuführen sind. (Capital Region USA)



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