23. Mai 2010, Berchtesgadener Land

Wie das weiße Gold seinen Weg über die Berge nahm

Der Weg war beschwerlich und voller Gefahren. Wenn die Salzhändler, auch Säumer genannt, ihre Packtiere mit weißem Gold in Berchtesgaden beluden, brachen sie zu einer Reise ins Ungewisse auf. Völlig entspannt dagegen können Gäste in diesem Sommer miterleben, wie das Salz einst seinen Weg vom südöstlichsten Zipfel Deutschlands über die Berge nahm. Die historische Handelskarawane mit 53 Salzexporteuren in stilechtem Outfit, 26 Rössern und zwei bewaffneten Wachen startet am Samstag, 31. Juli, in Berchtesgaden und erreicht einen Tag später das österreichische Pinzgau. Wer mag, begleitet die Karawane ein Stück des Weges – oder findet sich einfach auf einem der zahlreichen Rastplätze zum Feiern ein. Der Säumerzug gehört zu den Höhepunkten, mit denen das Berchtesgadener Land seine 200-jährige Zugehörigkeit zu Bayern feiert und Geschichte von Juni bis Oktober in zahlreichen Facetten lebendig werden lässt.

Bereits um 9.30 Uhr treffen sich die Säumer zur Segnung der Fuhrwerke an der Gollenbachbrücke. Nach dem Aufladen der wertvollen Fracht am Salzbergwerk Berchtesgaden bewegt sich der Tross zum Schlossplatz, wo zu bayerischen Schmankerln und traditioneller Volksmusik Historie in Häppchen serviert wird. So erfahren Besucher etwa, dass die Salinenkonvention aus dem Jahr 1829 der älteste bestehende Staatsvertrag Europas ist, der noch heute den Salzbergbau und die damit verbundenen Holz- und Jagdrechte zwischen dem Salzburger und dem Berchtesgadener Land regelt.

Nach diversen Zwischenstopps schlägt die Karawane ihr Nachtlager in der Ramsau auf, wo der erste Tag mit einem zünftigen Säumerfest rund um die Nationalpark-Infostelle am Hintersee endet. Wer am nächsten Morgen auf der landschaftlich überaus reizvollen Schlussetappe mitwandern möchte, sollte pünktlich zum Abmarsch um 7.30 Uhr erscheinen. Nach gut drei Stunden ist der Hirschbichl-Pass überwunden und schon gegen 13 Uhr werden die Säumer im österreichischen St. Martin bei Lofer mit einem Sommerfest erwartet.

Was heute wie ein längerer Spaziergang anmutet, war einst Abenteuer pur durch zum Teil unwegsames, alpines Gelände mit hohem Überfall-Risiko. „Zunächst gab es nur einen Trampelpfad für Mulis und Esel, die sich mit 130 Kilo Salz den Pass hinauf bewegten“, berichtet Geschichtsexperte Christoph Karbacher. „Später dann startete man mit Einspännern.“ Heute ist die Strecke so gut ausgebaut, dass hier sogar der Almerlebnisbus verkehrt.

Das Salz hat die Geschicke im Angesicht des Watzmann schon seit jeher bestimmt. „Als Berchtesgaden vor 200 Jahren zu Bayern kam, freute sich das Königreich, weil das weiße Gold die Staatskassen füllte und die Einwohner waren glücklich, weil sie nach Jahren wechselvoller Geschichte auf ruhige, sichere Zeiten in ihrer neuen Heimat hoffen konnten“, erklärt Karbacher die beidseitige Euphorie, die anno 1810 herrschte.

Weitere Höhepunkte im Jubiläumsjahr

Den ganzen Sommer können Gäste in die Historie eintauchen. Dabei setzt der Rupertiwinkel im Norden des Landkreises Berchtesgadener Land eigene Schwerpunkte. Auch diese Region wurde vor genau 200 Jahren dem damaligen Königreich Bayern zugeschlagen – zunächst gemeinsam mit dem Fürsterzbistum Salzburg, zu dem sie bereits seit dem 13. Jahrhundert gehörte. Einen hervorragenden Einblick in die Ereignisse, die speziell den Rupertiwinkel seit 1810 geprägt haben, gibt die Ausstellung unter dem Titel „Grenzen überschreiten“, die am 11. Juni im Alten Rathaus Laufen eröffnet wird – und die in Zusammenarbeit mit den bayerischen Staatsarchiven und dem Salzburgmuseum konzipiert wurde.

Beim historischen Marktfest am 25. Juli verwandelt sich Laufen mit seiner prächtigen Altstadt in ein Panoptikum heimischer Handwerkskunst und Lebensart aus zwei Jahrhunderten. Hutmacher, Federkielsticker und Korbflechter lassen sich über die Schultern schauen und zu heimischen Schmankerl wird vor Ort frisch gebrautes Bier ausgeschenkt. Bei dieser Zeitreise, zu der 10.000 Besucher erwartet werden, setzen die Organisatoren auf stilechten Charme und Atmosphäre. Bereits um 10 Uhr findet in der Stiftskirche, der ältesten gotischen Hallenkirche Süddeutschlands, ein Festgottesdienst statt. Nach der Enthüllung einer prächtigen Rupertus-Statue und großem Festakt in der Salzachhalle beginnt um 13 Uhr das historische Markttreiben.

Zwischendurch drehen die Berchtesgadener das Rad der Geschichte gleich noch einmal um weitere 500 Jahre zurück, wenn „Die Martinsklause“ von Ludwig Ganghofer am 24. Juni auf der Freilichtbühne am Hintersee Premiere feiert. Bis 9. Juli können Zuschauer jeden Donnerstag und Freitagabend erleben, wie sich im 12. Jahrhundert die ersten Mönche in der Region niederließen und christliches Gedankengut auf heidnischem Boden säten.

Auf die „Berchtesgadener Schicksalsjahre 1803 – 1810“ dagegen, in denen die Menschen zum Spielball der Geschichte wurden, bevor sie im Königreich Bayern ihre neue Heimat fanden, konzentriert sich die gleichnamige Ausstellung im Heimatmuseum Schloss Adelsheim: Auf eindrückliche Weise veranschaulicht sie vom 20. Juli bis zum 10. Oktober die zentralen Wendepunkte dieser turbulenten Zeit.

Absoluter Höhepunkt des Jubiläumsjahres jedoch ist das Wochenende vom 8. bis 10. Oktober, wenn Berchtesgaden die Inbesitznahme durch die bayerische Krone feiert und den historischen Triumphzug von Marktschellenberg bis zum Königssee lebendig werden lässt. Ein Glanzlicht zum Abschluss setzt die Illumination Berchtesgadens: „Die ganze Stadt wird abends durch Kerzen, Fackeln und Laternen beleuchtet“, verrät Karbacher und kündigt „ein äußerst stimmungsvolles Erlebnis“ an.

Weitere Informationen: Berchtesgadener Land Tourismus GmbH, Bahnhofplatz 4, 83471 Berchtesgaden, Tel.: 0 18 05 / 86 52 00, info@berchtesgadener-land.com, www.berchtesgadener-land.com. (Berchtesgadener Land Tourismus GmbH)



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